Wie lange noch?

Meine Lieblingsbuchhandlung hat noch offen, wie gut. Die kleine Bäckerei gegenüber besorgte mir Hefe, damit ich Brot backen kann. Ich gehe täglich spazieren, natürlich auf Abstand, koche, lese und schaue spätabends einen Film. Das ist mein Alltag in Corona-Zeiten und wie jeder Alltag beruhigt er, weil ich weiß, was ansteht, und zugleich geht mir die Gleichförmigkeit auf den Wecker.

Wir leben in der zweiten Virus-Phase. Sie wird sich hinziehen, sie ist zäh. Eher ereignisarm, jedenfalls was das Regierungshandeln anbelangt. Wer ein Geschäft oder Unternehmen hat, wartet auf die versprochenen Zuschüsse oder abgesicherten Kredite. Wer in einer kleineren Wohnung lebt, dem fällt die Decke jetzt schon oder in Kürze auf den Kopf. Wir haben uns mit dem Freiheitsmangel eingerichtet. Die Umfragen beweisen die Einsicht der Deutschen in die Notwendigkeiten. Trotzdem will jedermann wissen, wann das endet.

Die Kanzlerin bittet uns nicht zufällig um Geduld. Mir fällt sie leichter, als meinem Freund Sascha, der ein Restaurant leitet, oder Gyven, meinem Friseur. Ich hoffe, beide überstehen die destruktive Kraft des komatösen Kapitalismus und bekommen das nötige Geld aus einem der Fonds, welche die Bundesregierung aufgelegt hat.

Die Einschläge kommen näher. Ein Bekannter ist gestorben. In Bayern und Baden-Württemberg sterben auffallend viele Menschen an Corona, gefolgt von Nordrhein-Westfalen. Wenn es stimmt, dass 60 bis 70 Prozent von uns sich den Virus zuziehen, und wenn es stimmt, dass die Kurve seit Einführung von Kontaktsperre und Ausgangssperre abflacht, dann bleiben wir länger im Bann der Pandemie. Daraus ergeben sich zwei Fragen: Wann trifft es mich? Wann hört dieses surreale, reduzierte Leben in unserem Land auf?

Frage 1: Mich trifft es, wenn es mich trifft. Über statistische Wahrscheinlichkeit lässt sich nicht grübeln. Entweder fällt man drunter oder nicht. Und wenn ich darunter falle, wehrt sich mein Körper erfolgreich oder nicht. Für die Zeit bis dahin scheint mir Fatalismus die angemessene Haltung zu sein. Ich lege sie mir nicht zurecht, ich finde sie in mir vor.

Frage 2: Momentan haben sich so ziemlich alle Länder in Quarantäne begeben. China  hat das Schlimmste hinter sich, Italien ist mitten drin in der Katastrophe, Amerika und Großbritannien haben Zeit verloren und fahrlässig schlechte Gesundheitssysteme. Der globale Kapitalismus bleibt in Schockstarre. Wie lange noch?

China hat die Pandemie nach eigener Definition bewältigt. Der Binnenkapitalismus bewegt sich allmählich wieder. Vorsichtig beginnt die Abkehr von Anomalie, vorsichtig gewinnt die alte Normalität an Kraft. Und der allgewaltige Xi Jinping muss darauf hoffen, dass sich die USA so schnell wie möglich erholt.

Amerika geht normalerweise robust mit Krisen vor. 400 000 Menschen sind jetzt schon in der Opioid-Epidemie gestorben, hinweggerafft durch die Abhängigkeit von legalen Schmerzmitteln mit fatalen Auswirkungen. Der gewaltigen Aufschrei, der zu erwarten gewesen wäre, blieb aus. Der Staat spendete 6 Milliarden Dollar an Hilfe, ein Klacks vergleichen mit den Corona-Hilfspaketen. An der Lungenkrankheit sind bislang rund 2 100 Amerikaner gestorben und weltweit 31 000 Menschen. Kaum zu glauben, dass Corona auch nur annähernd so viele Menschen tötet wie die synthetisch hergestellten Opioide.

Auf Amerika werden wir schauen, sobald Ostern vorbei ist und der April ausklingt. Von Donald Trump erwarten die anderen Länder das Startsignal, das weniger von Infektions- und Todesfällen abhängen dürfte als vom Ausmaß des antizipierten Schadens für die Weltwirtschaft. Der Präsident steht vor einer Wahl im November, was die Sache für ihn nicht einfacher macht. Wie gut oder schlecht er handelt, entscheidet über seine Verweildauer im Weißen Haus.

Ich kenne niemanden, der die Regierungschefs um die Aufgabe beneidet, vor uns zu treten und zu sagen: Liebe Leute, es ist genug, wir sind einigermaßen mit der Pandemie durch, und wenn wir nicht unwiederbringlich weit mit unserer Volkswirtschaft zurückfallen wollen, dann müssen wir den Kleinbetrieben, dem Mittelstand und den Konzernen wieder erlauben, zu produzieren und ihre Produkte auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Also, lasst uns die Maschinen anwerfen und wieder an die Arbeit gehen.

Vieles im Leben ist eine Sache der Abwägung. Entscheidungen fallen nur zu oft mit 51 zu 49 aus. Nichts ist in Stein gemeißelt, Unsicherheit bleibt immer. Ungefähr drei von 10 Urteilen erweisen sich hinterher als zu kurz gegriffen und revidierbedürftig oder falsch. Aber die Entscheidung über das Ende des Ausnahmezustandes darf keinesfalls zu kurz greifen oder zum falschen Zeitpunkt erfolgen.

Der wiederauferstandenen Kanzlerin traue ich am ehesten zu, dass sie verantwortungsvoll handelt. Momentan ist ihre Stärke, die gerade noch eine Schwäche war, ein Segen: Sie sammelt Informationen und wägt ab, bis sie handelt. Ich glaube aber nicht, dass sie abwarten kann, bis die ominösen 60 bis 70 Prozent aller Deutschen infiziert gewesen sind. Das Flachziehen der Infektionskurve dient ja der Funktionstüchtigkeit unseres Gesundheitssystems, das irgendwann doch kollabieren wird, und ändert nichts an der Zahl der Kranken und Toden.

Die Exit-Strategie muss in dieser zweiten Corona-Phase bedacht und organisiert werden. Über das Ende zu entscheiden ist noch schwieriger als die Entscheidung über den Anfang des Ausnahmezustandes. Vom Gefühl, denn Wissen ist es ja nicht, für das richtige Timing hängt verdammt viel ab: für uns genau so wie für China, Amerika und für die anderen stillgelegten Länder.

Blick zurück nach vorne: Tagebuch aus den Corona-Anfängen, 22. März 2020

Angela Merkel begibt sich in Quarantäne. Sie ließ sich impfen und der Arzt wurde positiv getestet. Die Phantasie ist in diesen Tagen leicht erregbar, merke ich. Ich male mir aus, dass sie vom Virus gepackt wird. Geschwächt wie sie ist, fällt sie aus, liegt im Bett, kämpft um ihre Gesundheit, ihr Körper ist durch 15 Jahre Selbstausbeutung erschöpft. Hat sie neulich nicht mehrmals gezittert, musste sie nicht sitzen, anstatt eine Parade abzulaufen?

Was würde passieren, wenn sie ausfiele? Im auferlegten Stillstand ist sie absolut unentbehrlich. Wir brauchen sie, sie darf nicht ausfallen. Ihre Stärken sind ein Segen für das Land. Sie ist die Merkel, die wir schätzen. Was wäre, wenn – meine reizbare Phantasie bricht ab, bevor ich den Horizont ganz abschreiten kann.

Von unseren Kanzlern wollen wir normalerweise wissen, wie es ihnen geht. Sie sollen da sein, regieren, funktionieren. Wenn wir uns mit ihnen beschäftigen, geht es um Macht: Wer sie ärgert, wen sie ärgert, wer sie Seehofer-mäßig demütigt und wie sie Brüsseler Nächte eisern durchsteht und Donald Trump abtropfen lässt.

Als sie zur mächtigsten Politikern des Erdkreises ausgerufen wurde, war ich stolz auf sie. Als sie sagte, wir schaffen das, hat sie mir imponiert. Dass sie große Reden für eine große Zumutung hielt, fand ich bescheuert. Seit 15 Jahren ist sie da, unübersehbar.

Politikerinnen wie sie sehen wir weniger als Mensch und mehr als Maschine. Angela Merkel hat am 17. Juli Geburtstag und wird dann 67. War sie jemals in diesen 15 Jahren als Kanzlerin richtig und länger krank? Glaube nicht, weiß ich nicht. Das Zittern vor einigen Monaten erregte gewaltiges Aufsehen. Sehr fürsorglich haben wir nicht reagiert. Fürsorge für die Regierenden gehört nicht in unser Repertoire. Sie trinkt zu viel, ging das Gerücht in Berlin um, von interessierter Seite kolportiert. Oder leidet sie vielleicht an Parkinson im Anfangsstadium? Ferndiagnosen können die Pest sein, egal wer sie anstellt.

Was sie macht und wie sie es auf der Pressekonferenz darstellt, kommt auch an diesem Sonntag gut an. Per Videokonferenz hat sie sich mit 14 Länderchefs und 2 Länderchefinnen auseinander. Der Beelzebub war Markus Söder, der mehrmals beleidigt auf den Ausknopf drücken wollte. Der Anti-Söder ist Armin Laschet, der ihm sagt, was die übergroße Mehrheit denkt: Vorprescher, damischer, was soll das, gab’s nicht Verabredungen, warum hältst du dich nicht dran? Sie zahlen es ihm heim, indem sie ihm erst jetzt darüber informieren, was sie sich untereinander ausgedacht haben und in ein Papier gegossen haben, das morgen Gesetz werden wird, woraufhin Markus S. noch erboster mit Ausschalten droht, wobei es aber bei der Drohung bleibt.

Das Argument lautet: Die Leute wollen einheitliche Regelungen haben, in Stuttgart soll es zugehen wie in Berlin oder Buxtehude. Ist wahrscheinlich so, die Gleichheit der Lebensverhältnisse ist ein deutscher Traum. Warum dürfen die mehr als wir, ist ungerecht, typisch Merkel, könnte die Stimmung kippen und das vermutlich ohnehin fragile Vertrauen schwinden. Dann macht es doch einfach so wie wir in Bayern, geht die Söder-Logik. Machen wir nicht, sagen die anderen. Von uns geht ein Gebot aus, von dir ein Verbot.

Ausgangssperren bringen nicht mehr als Kontaktsperren, lautet das Gegenargument, bekräftigt durch den heimlichen Bundeskanzler Christian Drosten. Der Unterschied ist einerseits marginal und andererseits gewaltig. Ich lebe in Berlin nicht anders, als mein Sohn in München. Die Regeln sind dieselben hier wie dort. Ich muss mich aber nicht rechtfertigen, er schon. Mir bleibt prinzipiell die Freiheit, für die er sich rechtfertigen muss. Psychologie ist in Krisenzeiten noch wichtiger als in Normalzeiten.

Blick zurück nach vorne: Tagebuch aus den Corona-Anfängen, 21. März 2020

Heute wollten wir groß feiern. Meine Tochter und ich haben kurz hintereinander im März Geburtstag, und sie schlug vor, dass wir beide Geburtstage in einen legen und Familie und Freunde einladen, ihre und meine. 100 Leute wären gekommen. Am 12. März haben wir das Fest abgesagt. Im Sommer wollen wir es nachholen. Der Sommer ist weit weg, aber dürfen wir uns dann wieder in größerer Zahl unter freiem Himmel oder unter Dächern frei versammeln? Wann ist der Spuk vorbei? Die Angst, die Ungewissheit, die Beklommenheit? Wann können wir die abgesagten Kurzreisen nach Dublin, Tel Aviv, Lissabon nachholen? Fahren wir überhaupt in Urlaub? Wann beginnt die Zukunft?

Corona bannt uns in die Gegenwart. Dass Markus Söder vorgeprescht ist, verursacht gewaltigen Ärger in der Bundesregierung. Typisch Söder, typisch Macho-Gehabe, typisch Bayern, der will sich nur als Kanzler profilieren, wüten sie in der CDU. Die alten Reflexe sind also nicht außer Kraft gesetzt, eher im Gegenteil. „Bild“ feiert das Markige, „Bild“ feiert Söder. 

Mein Sohn lebt mit seiner Familie in München. Er schickt uns ein Video, auf dem ein Polizeiauto durch Haidhausen fährt und eine Stimme über Megaphon streng und monoton die Bürger dazu auffordert, in der Wohnung zu bleiben, Zuwiderhandlungen würden mit harten Strafen geahndet. Das Adjektiv „hart“ schnarrte der Mann heraus, er sprach es mit mindestens 3 r tiefbayerisch aus: wird mit harrrten Strafen geahndet. Ungute Assoziationen.

Zum ersten Mal beschleicht mich das Gefühl: Das geht zu weit, das ist eins zu viel. Ausgangssperren mit genau umschriebenen Ausnahmen sind schlimm genug. Wenn sie im polizeistaatlichen Ton verkündet werden, wenn sie von Söder damit begründet werden, die Bürger müssten auch vor sich selber geschützt werden, regt sich in mir Widerspruch. Und bestimmt nicht nur in mir.

Die Kanzlerin hat in ihrer Ansprache einerseits um Verständnis für besondere Maßnahmen geworben und andererseits an die Vernunft der Bürger appelliert. Sie drohte nicht mit Weiterungen, behielt sie sich aber vor. Ihr Sprecher Steffen Seibert sagte hinterher, die Kanzlerin habe „mit Grund“ nicht von Notstand gesprochen. Er war so zu verstehen und wollte auch so verstanden werden, dass man mit noch mehr Restriktionen vorsichtig sein sollte und auch Worte genau wägen müsste. Nicht nur Söder ist da schneller mit Worten und Taten. Emmanuel Macron sagte in seiner Ansprache an die Franzosen, das Land sei im Krieg mit dem Virus. Donald Trump nahm Corona zuerst nicht ernst und erklärte dann, es handle sich um einen ausländischen Virus, wobei er weniger China als Europa die Schuld zuschob. Boris Johnson machte seine Witzchen und verschenkte damit wertvolle Zeit. Das britische Gesundheitswesen ist berüchtigt für sein Klassensystem und angeblich ähnlich effizient wie das italienische.

Die Kanzlerin wartet ab, beobachtet das Feld und entscheidet irgendwann. Wie jemand redet und handelt, hängt nun einmal eng mit seinem Charakter und seiner Haltung zusammen. Angela Merkel hat vorsichtigen Umgang mit ihren Pappenheimern gelernt. Im Jahr 2005 hätte sie fast die Wahl verloren, weil sie zu erkennen gab, dass jetzt der Westen mit den Reformen dran ist, die dem Osten auferlegt worden waren. Wäre richtig gewesen. Kam aber nicht gut. Wir im Westen wollten das nicht, schließlich hatten wir gewonnen, schließlich wollte die DDR unbedingt Teil von uns werden, was sollte da an uns falsch sein? Bei der Wahl verabreichten wir der Kandidatin Merkel einen Denkzettel.

Anstatt die ausgezehrte, autoaggressive Schröder-SPD abzuhängen, landete die Union damals nur einen Prozentpunkt vor ihr. Sensationell unverschämt der letzte große Auftritt von Gerhard Schröder, der ihr bedeutete: Du kannst es nicht, du wirst es nicht. Eine Demütigung durch den amtierenden Kanzler für die knappe Wahlgewinnerin, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Daraus zog Angela Merkel die Schlussfolgerung: Sei vorsichtig, überforder bloß nicht diese Deutschen, sie sind höchstens für kleine Schritte zu haben, nicht für große. So wurde sie zu der zögernden, absichernden Angela Merkel, die wir kennen.

Die erste Phase der Corona-Zeit haben wir hinter uns. Es gab kein Gezeter, keine Wutbürger, keinen Aufstand. Es gab Verständnis, Wohlwollen, Wohlverhalten. Darauf will die Kanzlerin aufbauen, anstatt noch mehr zu verordnen, anzuweisen und zu verbieten. Sie lehnt Ausgangssperren ab, sie behält sie sich vor, na klar, aber nur für den Fall, dass ihr entscheidende Appell nicht fruchtet: „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst.“

Die bürgerlichen Parteien setzen eigentlich immer auf Vernunft und das ist einer liberalen Demokratie durchaus angemessen. Die Grünen sind im Kern die Erziehungspartei mit einem Hang zu schwarzer Pädagogik. Die SPD, vor allem in ihrer linken Variante, wozu im weiteren Sinn auch die Wagenknecht/Bartsch-Linke gehört, ist negativ fixiert auf die Reichen und will sie schröpfen.

Es passt zur Merkel-CDU, dass sie den Bürgern einen Vertrauensvorschuss gewährt. Bislang bekommt sie das Vertrauen zurück, wie das Echo auf ihre Rede zeigte. Besonders interessant finde ich im Nachhinein diesen Satz: „Lassen Sie mich versichern: Für jemanden wie mich, für die Reise- und Bewegungsfreiheit ein schwer erkämpftes Recht waren, sind solche Einschränkungen nur in der absoluten Notwendigkeit zu rechtfertigen.“

Die Bundesrepublik darf nicht zur DDR werden, das ist ihre persönliche Einstellung. Demokratisch gewählte Regierungen dürfen nicht ins Autoritäre abgleiten. Zum liberalen Charakter eines Landes gehören mündige Bürger, um deren Verständnis man werben kann. Polizeiautos, die durch Straßen fahren, sollten den Bürgern nicht mit harrten Strafen drohen.

Alte Konflikte brechen neu aus. Die Merkel-CDU ist eben liberaler als die Söder-CSU. Die Grundhaltung der Kanzlerin ist biographisch vom abschreckenden Beispiel ihres Lebens in der DDR geprägt. Für Söder ist das ewige Vorbild Franz-Josef Strauß, der Bayern als geistig überlegene Bastion gegen jede Bundesregierung verstand, egal wer sie regierte, und erhob auch kleinliche Demonstrationen der Überlegenheit in den Rang seiner überragenden Staatskunst.

Nüchtern betrachtet ist Politik eine Form der Kommunikation, die auf Vertrauen fußt. Vertrauen will gepflegt sein. Vertrauen ist ein kostbares Gut. Vertrauen ist schnell verspielt und Verspielen ist die Vorstufe zum Verlieren. Und Vertrauen kann in dieser Krise durch verschärfte Massnahmen, die unzureichend begründet sind, rasch wieder bröckeln.

Auch ohne förmliche Ausgangssperre gibt es ja Kontaktsperren in vielen Einzelfällen. Sie haben herzzerreißende Konsequenzen, wenn der Ehemann seit über 60 Jahren seine kranke oder demente Frau im Pflegeheim nicht mehr an jedem Tag besuchen darf und jetzt ferngehalten wird; wenn Großeltern die Enkel nicht übernehmen können und sich deren Eltern zwischen Betreuen und Arbeiten zerreiben; wenn Herzkranke auf Anraten ihres Arztes in Selbstquarantäne bleiben und nicht einmal engste Freunde sehen.

Die Kanzlerin, so beschreibt Nico Fried in der „Süddeutschen“ die Genesis ihrer Rede, hege größte Bedenken gegen die Steigerung der Einschränkungen zu Ausgangssperren: „Die Kanzlerin fürchtet, dass eine Ausgangssperre immer mehr Menschen in verzweifelte Situationen führen könnte, in völlige Isolation, Familien in häusliche Streitigkeiten, Menschen, die um ihre Arbeit fürchten und dem physischen Druck nicht standhalten können, in den Kontrollverlust. Merkel will vermeiden – und sinngemäß sagt sie das auch in kleiner Runde – , dass es am Ende mehr Tode durch Suizide in der Einsamkeit und Gewalt hinter verschlossenen Türen gibt als durch das Coronavirus.“  

Ich finde, solche Überlegungen ehren Angela Merkel. Die Nüchterne, Sachliche, Abwägende behält die Konsequenzen ihres Handelns im Blick und die Menschen, welche die Krise und die Einschränkungen ihres Alltags ertragen müssen. 

Auch Markus Söder will die Bürger schützen, aber er sieht in ihnen nicht in erster Linie Wesen, denen er im Zweifelsfall vertrauen kann, sondern unsichere Kantonisten, die er unter Kuratel stellen muss. Für Politiker der Marke Söder ist ihre Entschlossenheit entscheidend, die Exekutive, die er verkörpert, und die möglichen Auswirkungen auf die Menschen, wie sie Angela Merkel berücksichtigt, werden in dieser Perspektive zweitrangig. Und nicht zufällig ist sich der Ministerpräsident in München mit dem grünen Amtsträger in Stuttgart in der Sache ungemein einig.

In einer Demokratie wird er immer Menschen geben, die die Dinge nicht ernst genug nehmen oder für ein Spiel halten oder die Regierenden verachten oder aus Eigensinn oder aus Dummheit so tun, als sei nichts geschehen, was ihnen Anlass geben könnte, keine Corona-Partys zu feiern oder so lange wie möglich in Restaurants abzuhängen oder in großer Clique bei schönem Wetter an der Isar oder Elbe oder der Spree zu liegen. All das gibt es in München und Berlin, Hamburg und Köln und all das ist ein Ärgernis, was denn sonst. Ein Massenphänomen scheinen die Menschen, die sich nichts sagen lassen, aber nicht zu sein, und die Frage bleibt, ob sich Ausgangssperren mit ihnen hinreichend begründen lassen.

Ausgangssperren sind gewaltige Eingriff in den Alltag – in die vom Grundgesetz garantierten Grundrechte. Wer sie verordnet, müsste eigentlich das Ende in Aussicht stellen. Welche Umstände könnten zur Aufhebung der Sondermaßnahmen führen?

Es macht einen großen Unterschied, ob Menschen etwas freiwillig tun oder erzwungenermaßen. Die meisten Menschen haben die Einschränkung ihres Radius hingenommen, als Museen und Konzerthäuser, Kinos und Klubs, Kitas, Schulen und Universitäten schlossen. Auch hält sich die überragende Mehrheit an das Abstandsgebot, ziehen sich in ihre Wohnungen oder Häuser zurück, haben Urlaube und Kurzreisen, Feste und Feiern abgesagt und nicht über die Schließung der Grenzen geklagt.

Was freiwillig aus Einsicht in die Notwendigkeit erfolgt, wird durch die Ausgangssperre zum Verbot. Freiheit wird mit Unfreiheit durchsetzt. Wer radikale Maßnahmen verhängt, muss damit rechnen, dass die Stimmung sich auch verändern kann. Bisher ist sie gedämpft, aber gefasst. Was entsteht daraus, wenn der Radius auf Arbeiten und Besorgungen und Spazierengehen schrumpft?

Das große Bayern und das kleine Saarland bilden jetzt das Soziallabor, in dem die Kanzlerin unerwünschte Nebeneffekte befürchtet. Wenn sich morgen in Berlin die 16 Länderchefs mit der Kanzlerin beraten, stoßen die beiden unterschiedlichen Grundhaltungen pro und contra Ausgangssperre aufeinander. Ich fände es nicht schlimm, wenn Berlin und Nordrhein-Westfalen und andere bei ihrer Zurückhaltung blieben und Bayern nicht folgten. Im föderalen System sind Regierungschefs in unterschiedlichen Lagen, haben unterschiedliche Überzeugungen und Einschätzungen, das ist der Normalfall, der keinem weh tut.

Egal wie sie entscheiden, endet hiermit die erste Woche unseres Lebens unter dem Einfluss von Corona.

In dieser Phase gaben die Virologen den Takt vor. Christian Drosten war der heimliche Bundeskanzler. Seine Argumente wurden zu Begründungen politischen Handelns. Drosten sagte, wir müssen die Ausbreitung des Virus verlangsamen und wie aus einer Echokammer erscholl es bei Spahn/Merkel/Scholz/Söder/Laschet/Kretschmann, wir müssen alles dafür tun, das Virus zu verlangsamen. Drosten sagte, es ist jetzt wohl doch nicht so, dass das Virus durch Wärme geschwächt wird und alle sprachen ihm nach. Drosten sagte, die Zahl der Toten hänge auch von der Qualität des Gesundheitssystems ab und beschleunigte damit die Vorbereitungen in den Krankenhäusern auf Notfälle.

Drosten gelang es, die Politik mit seinen Kenntnissen zu füttern. Politik war nunmehr wissenschaftsbasiert.

Drosten ist als Wissenschaftler ebenso wie die Physikerin Merkel an der Sache orientiert und nicht vordergründig auf seinen Ruhm bedacht. In einem seiner täglichen Podcasts unterscheidet er präzise zwischen Wissenschaft und Politik: Es gibt nicht genügend wissenschaftliche Erfahrung damit, dass Ausgangssperren einen entscheidenden Durchbruch bedeuten, sagt er sinngemäß. Ob sie verhängt werden oder nicht, ist also eine genuin politische Entscheidung, die unter dem emotionalen Eindruck des überlasteten Gesundheitssystems wie in Italien oder Frankreich getroffen wird und aus Angst vor der zunehmenden Zahl an Toten.

Wissenschaft kann der Politik nur eine bestimmte Wegstrecke lang Argumente liefern und Begründungen erleichtern. Wo sie aufhören, beginnt das politische Handeln innerhalb eines limitierten Horizonts, der unter anderem von der öffentlichen Wirkung der Ereignisse und den begrenzten Ressourcen des Gesundheitssystems bestimmt werden. Dabei hängen die Maßnahmen der Regierungen stark vom Bestreben ab, Panik unter allen Umständen zu vermeiden und die Kontrolle zu behalten. Wobei die Kontrolle vom Vertrauen in die Angemessenheit der Maßnahmen abhängt. Vertrauensverlust führt zu Kontrollverlust führt zu Panik.

Heute sind 16 662 Menschen in Deutschland mit dem Virus infiziert, das sind 2705 mehr als gestern. 46 sind an der Lungenkrankheit gestorben, 20 mehr als gestern.

In die deprimierende Flut von Nachrichten platzt eine Hoffnung spendende: Der Chef des Tübinger Biotech-Unternehmens Curevac hält es für möglich, dass es schon im Herbst einen Impfstoff gibt. 

Blick zurück nach vorne: Tagebuch aus den Corona-Anfängen, 20. März 2020

Was immer die Bundesregierung und die Länderregierungen, die Regierungspräsidenten und Landräte, die Oberbürgermeister und Bürgermeister uns an Verboten auferlegen, wird zu Regel und Gesetz nach langen Erörterungen. Jede Maßnahme ist beispiellos, egal ob die Bundesliga den Spielbetrieb einstellt, Kinderspielplätze schließen oder Milliarden Euro für Kleinunternehmen zur Verfügung gestellt werden.

Unfassbar beispiellos ist aber vor allem dies: Die Grundlage für politische Entscheidungen dieser enormen Reichweite ist schmal. Sie beruht auf vorläufigem Wissen, dass wenig mehr ist als eine Ahnung über die Beschaffenheit des Virus. Zuerst hieß es, wir müssten es einigermaßen glimpflich in die Wärme schaffen, dann werde sich die Krankheitskurve abflachen. Jetzt heißt es, stimmt nicht, Covid-19 ist wärmeresistent.

Willkürlich sind die Daten, die herumschwirren. Die nächste Etappe erreichen wir nach den verlängerten Osterferien, heißt es zunächst. Können die Kinder danach in die Schule gehen und die Studenten an die Unis zurückkehren? Und wie lange steht die Volkswirtschaft den systematischen Stillstand durch? Weder Politiker noch Virologen stellen Prognosen über die Dauer des Ausnahmezustandes. Können sie nach eigener Auskunft ja auch nicht. Also kann die Rückkehr zur Normalität irgendwann nur ebenso willkürlich gesetzt werden wie die Abkehr davon.

Was ist das Kriterium? Wenn der Staat alles Geld in Groß- und Kleinunternehmen gepumpt hat, die Finanzämter auf Steuerzahlungen bis zum Anschlag verzichtet haben und Industrie, Wirtschaft und Mittelstand der Bundesregierung bedeuten: Von jetzt an wird der Schaden unermesslich, hört auf damit, Bedenken hin oder her, die Rezession ist schon da und die Aktienkurse sind sowieso im Keller?

Solche Entscheidungen trifft niemand freiwillig, geschweige denn gerne, wahrscheinlich nicht einmal Markus Söder. Wie gut, dass die Kanzlerin noch Angela Merkel heißt. Ihr traut man am ehesten die richtige Entscheidung im richtigen Moment zu. Ihr traut man. Noch.

Wie skeptisch man auch immer sein mag, so dürften doch nur hochgradig Anfällige für wilde Verschwörungstheorien Merkel und den anderen niedrige Beweggründe für ihre radikalen Unterbrechungen der liberalen Demokratie  unterstellen. Sie wollen Gutes tun oder wenigstens das Richtige und wandeln auf einem schmalen Grat. Sie folgen den Virologen, von denen ein Prachtexemplar wie Christian Drosten zum Ratgeber der Regierung aufgestiegen ist, ein sympathischer Wuschelkopf, der in verständlichem Deutsch komplexe Prozesse erläutern kann. Er arbeitet auf der Basis von Studien, die im Corona-Ursprungsland China und im europäischen Menetekel Italien entstanden sind und entstehen. Das Wissen wächst und Drosten lässt uns an der Vermehrung der Kenntnisse teilhaben. Sein Podcast „Coronavirus Update“, in dem ihn eine NDR-Redakteurin interviewt, sind zum Kult geworden.

Italien übertrifft mit 3 405 Toten China mit 3133 Toten, lernen wir, gefolgt von Iran (1 284). 35 000 Italiener haben sich bislang infiziert. Woran sie starben, untersuchte das italienisch Institut für Gesundheit an 2000 Opfern. Die Mehrheit von ihnen litten unter hohem Blutdruck oder an Diabetes, an Herz-Kreislau-Schwäche oder Nierenproblemen. Die Hälfte der Toten hatten eine Vorgeschichte mit sogar drei schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen. Das Durchschnittsalter der Verstorbenen liegt bei 79,5 Jahren. Bis heute sind nur 17 Menschen unter 50 an der Krankheit gestorben. Nur 3 von allen 2000 waren vor Corona beschwerdefrei gewesen, das sind 0,8 Prozent. Oder wussten sie nur nichts von organischen Schwierigkeiten?

In Deutschland haben sich bis heute 15 320 Menschen infiziert, 44 sind gestorben und 113 sind schon wieder genesen. Lothar Wieler vom Robert- Koch-Institut unterbreitet uns täglich die neuen Zahlen, schränkt sie aber immer wieder ein, weil es offizielle Zahlen sind. Salvatorische Klauseln sind also angebracht, die mit „angeblich“ oder „vermutlich“ oder „wahrscheinlich“ beginnen, und somit sind Informationen immer nur relativ sicher. Südkorea und Japan testen angeblich eifrig und flachen angeblich so den Kurvenverlauf ab. Amerika fängt jetzt erst richtig mit dem Testen an, wobei Kalifornien schnell Ausgangsbeschränkungen auferlegt. Stand heute, offiziell, gibt es weltweit 200 000 Infizierte, Tendenz steigend, was sonst.

Zahlen, Zahlen, Zahlen. Wir bekommen irgendwann italienische Verhältnisse, sagt Herr Wieler mit seiner sonoren Stimme möglichst unaufgeregt. Muss ich mich jetzt sorgen? Ich bin gerade 70 geworden, fühle mich bestens, spiel Tennis und gehe ins Fitness-Training, habe einen Bandscheibenvorfall hinter mir und nahm meine Grippe im November. War das in Wirklichkeit Covid-19? Woher soll ich das wissen. Meine Frau ließ sich sicherheitshalber testen, negativ, sie ist Intendantin des rbb und eine Infektion würde die gesamte Leitungsebene des Senders zu häuslicher Quarantäne verdammen. Meinen Geburtstag habe ich mit wenigen Freunden und Familie gefeiert, wir waren 11, und uns war klar, dass wir so zahlreich (11!) nicht so schnell wieder zusammen kommen würden.

Zahlen jagen uns. Ihnen sind wir hörig. Wir vergleichen uns mit Italien und sagen: Ist doch klar, Anarchie und Korruption, kann ja nichts werden, kaum eine Chance gegen Corona. Andererseits drohen uns mit unserem besseren Gesundheitssystem und unserem Organisationstalent italienische Verhältnisse, wie Herr Wieler trocken sagt? Uns?

In resignativer Stimmung sage ich mir: Zahlen, die ohnehin nicht stimmen, kann ich genau so gut ignorieren. Statistiken sagen alles und auch nichts. Wenn nur 0,8 Prozent der Toten keine Krankeitsvorgeschichte hatten, ist das schön für alle anderen, aber was nützt es mir, wenn ich zu den 0,8 gehöre? Und sind 200 000 Infizierte weltweit eigentlich nicht ungeheuer wenig? 10 031 Tote: Was bedeutet diese Zahl – viel oder wenig? Sterben nicht so viele Menschen jedes Mal auf Gottes Erdboden, wenn die Tage schlimm sind, in heißen Sommern und in trüben November?  Oder in Syrien? Und sage ich nicht sonst immer: Ich glaube nur an die Statistik, die ich selber aufstelle – oder auch, die ich selber gefälscht habe?

Ich verwandele mich im Schnellverfahren aus einem Ignoranten in einen Halbinformierten aus zweiter Hand. Mir geht Covid-19 flüssig von den Lippen. Ich weiß, das erzählt mir Herr Wieler gerade aufs Neue, dass trockener Husten ein starkes Symptom ist, und dass rund 40 Prozent der Erkrankten Fieber bekommen. Ich schaue mir die interaktive Online-Karte an, die auf Daten der Weltgesundheitsbehörde WHO, der nationalen Behörden zur Seuchenprävention und Gesundheitsämtern beruht, die in Echtzeit aktualisiert wird. Das alles trägt die Johns Hopkins Universität in Baltimore zusammen. Ich schaue auf die Charts, wie ich sonst morgens 

nachschaue, wie die Dallas Mavericks in der Nacht gespielt haben. 

Ich weiß über Corona mehr, als ich je wissen wollte. Ich nerve mich selber damit, dass ich wie ein Schwamm Halbwissen aufsauge, das für die wenigen Gespräche mit den wenigen Menschen ausreicht, die ich noch treffe. Abend für Abend sitze ich auf meinem Sofa und schaue Sendungen, die ich sonst nicht gucke. Bei Anne Will imponiert mir eine Infektologin namens Susanne Herold, weil sie klug und schön ist. Bei Sandra Maischberger höre ich sogar Karl Lauterbach zu, dessen näselnden Welterklärungssingsang ich an normalen Tagen kaum ertrage. Und wieder schaue ich wohlgefällig auf Susanne Herold, die ein Klinikchef aus Eschweiler sinnvoll ergänzt. Markus Lanz rückt Finanzminister Scholz mit seinen frettchenhaften Fragen auf die Pelle, die der ruhig und souverän beantwortet.

Talk Shows werden zu Informationsshows. Die Geladenen labern nicht. Sie reden zur Sache. Eitelkeiten halten sie im Zaum. Der Moderator oder die Moderatorin stellt eine verständliche Frage und die Gäste antworten verständlich. Wer redet, redet so lange, bis die Frage beantwortet ist. Kein Moderator muss sich gegen lärmendes Stimmengewirr lauthals durchsetzen. Jeder Moderator ist erstaunlich gut vorbereitet. Das Setting ist Corona angemessen. Weniger Gäste als sonst sitzen sehr viel weiter auseinander als sonst. Mehr Wissenschaftler als Politiker sitzen im Studio und die Politiker sitzen in ihrer Eigenschaft als Handelnde da und nicht als Kandidaten für den CDU-Vorsitz (wie Armin Laschet) oder als eingefleischter Sozialdemokrat (wie Karl Lauterbach). Das Virus verwandelt Politik-Maschinen in kundige Minister und besorgte Ministerpräsidenten, wie angenehm.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, über den sich viele Menschen aus vielen Gründen blendend aufregen können, erlebt Sternstunden in dieser Krise. Es ist eben ein enormer Vorteil, wenn ein Land ein Fernseh- und Radiosystem besitzt, auf das sich die Menschen in Krisen verlassen können, egal ob an 9/11, beim Tsunami in Japan oder der Weltfinanzkrise und nun eben Corona. Die neue Sachlichkeit beginnt mit den Nachrichten und den darauf folgenden Sondersendungen, die in den dritten Programmen regional fortgesetzt werden. Die Kanzleriden-Ansprache sahen ZDF im 19.30 Uhr fast 9 Millionen Zuschauer, genauso viel wie später in der ARD. Tagesschau/Tagesthemen und heute-Sendungen haben viel höhere Quoten als üblicherweise.

Ich kann jetzt Sport in meiner Wohnung mit RadioEins um 9.30 treiben. Ich bekomme nach Belieben Corona-Updates im Netz. Die Fernsehsender streamen online Konzerte mit Igor Levitt oder Lang Lang, sie übertragen Carmen, sie lassen sich was einfallen, ja wirklich, sie entfalten ihre Stärke und sind glücklich darüber, dass es kein Staatssekretär für sinnvoll hält, von den Intendanten Gehaltskürzung zu verlangen.

Wenn in der Demokratie die Öffentlichkeit eingeschränkt ist, werden öffentliche Rundfunksender umso wichtiger. Sie sind schneller, natürlich. Mir blutet das Herz als Printmensch, wenn ich sehe, wie alt die Zeitungen sind, wenn sie im Briefkasten stecken. Ja, ich lese Hintergründiges, aber meistens weiß ich schon mehr am Morgen, als am Abend in den Druck ging. Schlimmer noch ergeht es meinem Blatt, dem „Spiegel“, der sich redlich müht, seine Titelgeschichten in die kommende Woche zu projizieren, aber von der gewaltigen Dynamik der Ereignisse überrollt wird. Ich bin froh, dass ich an diesem Rad nicht drehen muss.

Gerade waren es noch Mitterteich und Wunsiedel. Jetzt schränkt Freiburg als erste deutsche Großstadt die Bewegungsfreiheit seiner Bürger ein. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Markus Söder rügen aufs Schärfste die Corona-Partys, die offenbar überall statt finden. Gleich darauf  geht Bayern vom Androhen zum Verwirklichen über und verhängt eine Ausgangssperre mit genau definierten Ausnahmen: Wer Sport betreibt oder mit seiner Familie spazieren geht, darf das. Wer arbeiten oder zur Apotheke oder zum Arzt gehen muss, darf das. Eine halbe Stunde später folgt das Saarland, das in einer Sonderlage ist mit der offenen Grenze zu Frankreich, über die Menschen wegen ihres Jobs pendeln. 

Übermorgen, am Sonntag kommen alle 16 Regierungschefs mit der Kanzlerin zusammen. Wenn es ein Land tut, dann müssen es alle Länder tun, das ist die bayerische Logik. Ich muss noch ein paar Bücher kaufen. Frischobst wäre gut. Darf ich in Berlin dann noch joggen, wo doch Hundebesitzer Gassi gehen können?

Ich werde sentimental. Im Radio läuft „You’ll never walk alone“ von Gerry and the Pacemakers“, der zurecht vergessenen britischen Band aus den Sechzigern. Ich singe es normalerweise im Stadion von Borussia Dortmund mit 80 000 Zuschauern vor Spielbeginn und liebe das Lied wie jeder Fußballanhänger. Um 8.45 Uhr spielen 180 Radiosender in 30 europäischen Ländern die Hymne, die ursprünglich 1945 für ein kitschiges Musical geschrieben worden war. Ich drehe das Radio auf und singe aus vollem Hals mit und mir kommen die Tränen. Corona spielt mit meinen Gefühlen.

Ich überlege mir, ob ich um 21 Uhr auf den Balkon zum Klatschen gehen. Ist das neue Ritual. Wir klatschen für die Ärzte, Pfleger und Schwester, für Polizisten und Altenpflegern. Für alle, die wir sonst übersehen und jetzt das Ganze am Laufen halten. Machen sie überall in Europa. Ist eigentlich schön. Oder handelt es sich um Corona-Kitsch? Oder ist es schön und kitschig zugleich? Wie werden wir über uns denken, wenn alles vorbei ist? Und wann ist es vorbei? Mein Held Christian Drosten, sagt: vielleicht in einem Jahr. Echt jetzt?

Blick zurück nach vorne: Tagebuch aus den Corona-Anfängen, 19. März 2020

Markus Söder spricht das Wort aus. Gut möglich, dass es zu einer Ausgangssperre kommt, sagt er in einer Regierungserklärung. Nimmt er dasWort, das die Kanzlerin nicht in den Mund, in seinen Mund in einer Arbeitsteilung: Du sagst es nicht, das nehme ich dir ab, dann bleibt dir Spielraum. Oder macht er, was bayerische Ministerpräsidenten immer gemacht haben: Plustert sich auf, tut sich hervor, traut sich, was sich die Kanzlerin nicht traut und lässt es Bayern und die Welt wissen, dass er sich vor nichts fürchtet, nicht vor der Kanzlerin, nicht vor der Wahrheit, nicht vor dem Virus. Zuzutrauen ist ihm beides: der Dienst an der Sache und die Angeberei.

Markus Söder ist der Wandelbare, aus Gummi. Er kann sich von heute auf morgen verändern. Ihm muss man einiges zutrauen und genau das will er so. Momentan trauen ihm einige Beobachter den Kanzler zu, eine Ambition, die er weit von sich weist, wie man es eben so macht, wenn man dafür sorgt, dass andere darüber reden, was einem schmeichelt. Stand heute ist der Söder Markus ein entschlossen Handelnder, ein Muster an Regierungschef. Die oberpfälzische Kleinstadt Mitterteich erhält das Privileg, die erste deutsche Gemeinde mit Ausgangssperre zu sein. Verhängt hat sie der Landrat, der den Freien Wählern angehört. 

Die Entscheidung fiel im Krisenstab aus Vertretern der Bundeswehr, Ärzten, und Polizisten. Die Zahl der Infizierten war seit Tagen gestiegen. Inzwischen sind es 61, davon 27 in Mitterteich, einer Stadt mit rund 6500 Einwohnern. 15 Infizierte sind im Krankenhaus, fünf müssen beatmet werden. Umgelegt auf die Einwohnerzahl bedeutet das: 3,8 von 1000 sind an Corona erkrankt. Im Landkreis Heinsberg waren 1,8 Krankheitsfälle auf 1000 Einwohner der Grund zur Panik gewesen.

Nach der Entscheidung rückt die Feuerwehr aus und sorgt dafür, dass die Verfügung in sämtlichen Briefkästen landet. Zusätzlich fahren Autos mit Megaphonen durch die Straßen und verkünden die unfrohe Botschaft. Die Polizei kontrolliert jetzt Autos, die unterwegs sind, ob sie unterwegs sein dürfen. Wer behauptet, er sei auf dem Weg zur Arbeit, muss eine Bescheinigung des Arbeitgebers vorweisen. Man darf noch einkaufen, zur Apotheke oder zum Arzt gehen, man kann tanken, zum Geldautomaten stiefeln, Fressen für seinen Hund oder seine Katze besorgen.

Grundlage für die Verfügung in Mitterteich ist Paragraf 28 des Infektionsschutzgesetzes, wonach Behörden Personen verpflichten können, „den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten“. Verstöße können laut Paragraf 75 mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden.

Warum Mitterteich? Am 7. März fand dort das 41. Starkbierfest statt, das ist eine traditionsreiche Trink- und Fressveranstaltung, zu der Menschen aus der ganzen Region strömen, interessanterweise in der Mehrzahl Junge in Dirndl und Lederhose, dazu Ältere, während soziologisch gesehen die Mittelalten fehlen. Womöglich, sagt Landrat Wolfgang Lippert, sei da ein Infizierter herumgelaufen. Die Epidemiologen sollen nun Aufschluss geben, wie das Virus grassiert.

Markus Söder kündigt in seiner Regierungserklärung an, dass auch der oberfränkische Landkreis Wunsiedel vor einer Ausgangssperre steht, wobei aus der Ankündigung rasch Wirklichkeit wird. Söder wirkt wachsam und konzentriert, was ihm gut steht, was er selbstverständlich weiß. Kein Bild ist in diesen Tagen ein Zufall. Keine Geste. Es geht um Kontrolle des Unkontrollierbaren. Es geht um Beruhigung. Es geht um Führung, um Autorität. Selbstverständlich auch um Karrieren, die durch die Seuche beschleunigt oder ruiniert werden kann, wer weiß das schon.

Söder ist ein durchsichtiger Mensch. Ihm merkt man an, wie er sich fühlt. Diese unruhigen Augen. Das Kantige. Die Ungeduld, wenn ein Journalist ihn langweilt. Die Arroganz in Sandra-Maischbergers-Talkshow gegenüber Gerhart Baum, den alten, wachen, klugen Liberalen. Söder, der Franke, redet schnell. Er entscheidet schnell, weil er schnell entscheiden will, weil das die Leute erwarten. Darüber kann man sich lustig machen nach dem Motto: Schau her, der Söder Markus, der Sauhund, spielt Staatsmann. Aber was soll er sonst spielen und spielt er wirklich nur? Er ist, was er spielt, soviel steht fest. Und man kann es auch so sehen: Der Söder Markus erweist sich der Herausforderung gewachsen und denkt schon weiter, das bestimmt.

Ohnehin lernen wir bekannte Gesichter mit neuen Augen kennen. Die umfassende Nüchternheit der Kanzlerin ist plötzlich von Pathos durchwirkt. Stärken werden wieder als Stärken sichtbar und nicht als Schwächen. An Olaf Scholz fällt die ruhige Kompetenz und das Hanseatische wohltuend auf. An Heiko Maas schätzen wir plötzlich den lässigen Umgang mit der Bürokratie, als er deutsche Urlauber von überall her nach Hause holt und dazu sagt, die Frage der Bezahlung hätte er jetzt mal zurückgestellt. Armin Laschet ist allgegenwärtig in Print und Fernsehen und strahlt gelassene Konzentration aus. Er lässt sich nicht anmerken, dass er in Kürze CDU-Vorsitzender und Kanzlerkandidat werden möchte, er ist nicht durchsichtig wie Söder. Er verlässt sich auf die Wirkung, die eintritt, wenn er jetzt vieles richtig macht.

Es ist ernst, sagt die Kanzlerin. Der Ernst richtet die üblichen Verdächtigen neu aus. Politik ist in einem anderen Modus, im Ernst-Modus. Das Selbstreferentielle fällt weg, die lästigen Versuche, sich selber oder seine Partei herauszustellen, das Protzige, das Ideologische, ja, das fällt besonders angenehm weg. Die ganze Demokratie ist im Ernst-Modus. Robert Habeck lobt Angela Merkel über den grünen Klee.

Das Echo auf die Fernsehansprache ist fast unisonongut. Nur Journalisten wie der Morning-Briefing-Guru Gabor Steingart gehen einen Sonderweg, indem sie in alter Manier pompös rechthabern: Angela Merkel hat in der Pose der zürnenden Mutti geredet, meint Steingart, das hat er exklusiv. Er führt auch 7 Fehler der Regierung im Umgang mit Corona auf (natürlich in Anspielung auf die 7 Todsünden). Wo ziemlich viele ziemlich einer Meinung sind, nämlich dass die Mutti das richtig gut gemacht hat und den Ton trifft, findet sich immer jemand, der durch abweichende Meinungen auffallen will.

Ja, irgendwann werden wir ein Resümee ziehen, bei dem es darum gehen wird, was die Kanzlerin versäumt hat oder die Regierungen in Bund und Land früher hätten einleiten sollen. Auch Journalisten sind im Ernst-Modus und halten sich mit Kritikastern zurück. Ist Corona vorbei, ist auch die Zurückhaltung vorbei. Wir werden rekonstruieren, was los war. Wir werden aus dem Inneren der Macht erzählen, wer was wann irrig gemacht und falsch gesagt hat. Diejenigen in der CDU, CSU und der SPD, die momentan zu kurz kommen, werden uns erzählen, was für ein Fehler es war, dass sie zu kurz kamen. Mit Kritik erhöhen wir uns. Das ist manchmal angebracht, aber nicht immer und schon gar nicht aus Prinzip. Wäre ja nicht schlecht, wenn Corona nicht nur unsere Regierenden mit Demut überziehen würde, sondern auch uns. Bescheidenheit ziert und macht Menschen angenehm, oder?

In Wahrheit wissen wir heute nicht, was wir übermorgen denken werden. Wir lernen täglich hinzu, jeder von uns. Das einzige, das wir heute schon wissen, ist dies: Die Bundeskanzlerin wird in den Geschichtsbüchern daran gemessen werden, wie sie das Land durch die Seuche gelotst hat. Es geht um ihr Vermächtnis. Ich bin mir sicher, dass sie sich momentan darum aber wenig schert. Wichtig nimmt sie sich persönlich nicht, aber den nationalen Notstand, wie man den Zustand nennen muss, wenn das öffentliche Leben aussetzt und der Kapitalismus ins künstliche Koma sinkt.

Blick zurück nach vorne: Tagebuch aus den Corona-Anfängen, 18. März 2020

Die Bundeskanzlerin macht das, was sie sonst Auf-Teufel-komm-raus vermeidet. Sie geht ins Fernsehen, hält eine Ansprache, pragmatisch und passioniert, beschwört uns alle, wir mögen uns an die Regeln halten, sie ist die Angela Merkel, von der wir Journalisten immer gesagt haben, dass es gegen ihr Wesen sei, eine Blut-Schweiß-Tränen-Rede zu halten, ja, wir hatten jahrelang Recht und weil sie es diesmal tut, wissen wir spätestens jetzt, wie ernst sie das Virus einschätzt, wie ernst die Lage ist.

Vor zwei Wochen habe ich in meiner Montags-Kolumne auf t-online geschrieben, dass sie ein Vakuum im Kanzleramt darstellt. Das Virus hatte sich heimisch in Deutschland eingerichtet, griff langsam um sich, tückisch und unaufhaltsam, und die Kanzlerin überließ Jens Spahn die Einstimmung der Öffentlichkeit auf das Drama, während der türkische Präsident es sich einfallen ließ, mal ein paar Flüchtlinge über die Grenze ziehen zu lassen, damit sie Europa mit Elendsbildern schocken, was er zynisch erreichte. Auch dazu sagte Angela Merkel nichts. Meine goldenen Worten lasen sich so: „In schwierigen Zeiten braucht das Land Führung, wann denn sonst. Wer sie nicht ausübt, verliert an Autorität. Wer übermäßig schweigt, macht sich verzichtbar. Wer abwesend ist, verkürzt seine Verweildauer im Amt. Wer Unmut auf sich zieht, und der Unmut in Berlin wächst über die Kanzlerin, der beschwört Rücktrittswünsche herauf.“

Das Bestürzende an unserer Zeit mit Corona ist die rasende Geschwindigkeit mit der morgen hinfällig ist, was wir heute sagen und wissen und für richtig halten. Und morgen sind wir wieder weiter und klüger, aber alles was wir sagen und denken und die Regierung sagt und macht steht unter Vorbehalt.

Die gute Nachricht ist: Die Kanzlerin schweigt nicht mehr. Sie führt.

Krisen kann sie. Dafür hat sie das angemessene Gemüt und das passende Temperament. In Krisen ist sie schnell. Als sich die Weltfinanzkrise im Frühherbst 2007 abzeichnete, sagte sie das Richtige und beruhigte Menschen wie Märkte. Auch nutzt sie Krisen. Als der Tsunami über Japan herfiel, zog sie schlagartig die Konsequenz und zerstörte das Geschäftsmodell Kernkraft in Deutschland. Als sich die Flüchtlinge Im Elendstross über die Balkanroute quälten, sagte sie, wir schaffen das, berücksichtigte aber leider die Vorzüge einer Doppelstrategie, die das eine sagt und das andere nicht vergisst. Dialektik ist Absicherung nach allen Seiten, eigentlich ihre Stärke.

Das Virus ist wie der Tsunami und genauso unheimlich. Irgendwo in der Provinz Hubei auf einem Markt mit lebenden Tieren ist Covid-19 von einem dieser Tiere auf den Menschen übergesprungen und rafft seither die Alten dahin und verschont die Jungen, es sei denn sie haben ein Herzleiden oder ein Nierenleiden oder ihr Immunsystem ist aus anderen Gründen derart geschwächt, dass sich das Virus im Körper austobt, bis der heimgesuchte Mensch tot ist.

Die Weltfinanzkrise war ein Hütchenspiel der Banken. Die Flüchtlingskrise war eine Folge der Kriege in Syrien und dem Irak und ausbeuterischer und unfähiger Regierungen in Afrika, so dass viele Menschen sich auf den Weg nach Europa machen. Für diese Krisen gib es  Ursachen und Folgen. Täter und Opfer.

Die Seuche ist der singuläre Täter. Sie kennt nur Opfer und aberwitzige Folgen. Sie stellt zwei Fragen: Wie viele von euch kann ich infizieren und wie viele kann ich töten? Daraus entwickeln sich zwei Fragen für die Regierungen und Bürger in Demokratien: Wie viele Infizierte und Tote halten wir aus? Wie viel Freiheit und Grundrechte lassen wir uns im Kampf gegen Corona nehmen?

Das sind ungeheure Fragen im Frieden. Menschheitsfragen. Autokraten und Diktaturen und liberale Demokratien auf allen Kontinenten haben keine Chance, ihnen auszuweichen. Jedes Land handelt für sich, aber alle ergreifen die gleichen Vorkehrungen und Massnahmen. Jedes Land schottet sich ab, als sei die Wiederkehr des Nationalstaates eine Lösung. Jedes Land leidet unter den gleichen Problemen, die der Mangel an Schutzkleidung und Gesichtsmasken, Krankenhausbetten und Intensivstationen, die zu geringe Zahl an Ärzten und Krankenhauspersonal aufwerfen.

Politik in diesen Tagen stürzt sich auf das Virus und die Virologen werden zu Ratgebern, so dass ihnen ein unerhörter Einfluss zukommt. Was sie wissen und jeden Tag Neues über die Seuche erfahren, fließt in Regierungshandeln und Sachstandsinformationen auf Pressekonferenzen ein. Ohne dass Angela Merkel den kontaminierten Ausdruck in den Mund nimmt, steckt er in jeder Maßnahme, die sie in diesen Tag trifft: Es gibt keine Alternative. 

In ihrer Rede nimmt die Kanzlerin das Wort Ausgangssperre nicht in den Mund. Wie es ihrer Art entspricht, behält sie sich Steigerungsformen vor, falls die Bürgerinnen und Bürger, die sie anspricht, sich wider Erwarten und wider die Vernunft nicht an die neuen gesetzlichen Regeln halten und sich weiterhin in größeren Gruppen treffen und das Ernste nicht ernst nehmen, sondern als Spiel betrachten, weil sie Parteien und Regierungen und besonders die Kanzlerin aus Gewohnheit verachten. 

Sie saß da in meinem Fernseher, formte die Raute mit ihren Händen, die sie im Rhythmus des Redens auseinander zog und wieder zusammen führte. Der Körper, der aus seiner Form quillt, ein Produkt von 15 Jahren extremer Dauerbelastung, der Disziplin nicht mehr gewachsen ist, wirkte plötzlich straff, die ganze Person war gestrafft, dafür sorgt Corona, das Virus, das alles verändert, auch sie, die Unveränderbare. Unwandelbare. Den Eichenschrank, der sich nicht verrücken lässt.

Sie ist wieder voll da. Die Krise holt sie zurück. Die Krise holt das Beste aus ihr heraus. Sie ist sie selbst, aber anders. Menschlicher. Gefühliger. Ohne eine einzige Bewegung verändert sie die Rangfolge. Armin Laschet ist nur noch Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Friedrich Merz steht außerhalb der Regierung und damit im Abseits und zieht sich alsbald Corona zu.