Wie die Dominos fallen

Natürlich kann man sich darüber amüsieren, wie sich Elon Musk und Alice Weidel auf X unterhalten haben. So ist es eben, wenn zwei Menschen, die sich nicht kennen und nichts zu sagen haben, weltöffentlich miteinander plaudern.

Im Gedächtnis bleibt immerhin der Satz aus dem Munde der Kanzlerkandidatin, dass Hitler ein Kommunist gewesen sei. Diese Einschätzung hat sie weltexklusiv. Vermutlich meint sie die Mobilisierung des Staates für die ideologischen Interessen der NSDAP. Hat sie sonst nichts an Hitler auszusetzen?

Der verdiente Shitstorm blieb aus. Eigentlich merkwürdig in einem heraufziehenden Wahlkampf, in dem die Beobachter in Medien und Netz sonst nichts durchgehen lassen. Die Erregungsgesellschaft schien zu schlafen.

Auf das Gesagte kam es offensichtlich gar nicht an. Das Ereignis war das Ereignis und es bestand darin, dass Musk und Weidel überhaupt miteinander redeten. Und darin steckt durchaus einige Bedeutung.

Für deutsche Rechte ist Amerika eigentlich kein Freund. Zu materialistisch, zu oberflächlich, zu viel Gewicht auf Geld, Weltmacht mit wenig Durchblick. In der nationalkonservativen Geschichtsschreibung begab  sich das besiegte Deutschland 1949 auf einen Irrweg, indem es sich zu einer europäischen Kopie der Siegermacht herabwürdigte. Deutschland ist seither zu Klein-Amerika geworden, wobei das ursprünglich Deutsche verloren ging. Was damit gemeint ist, bleibt mehr als vage.

Näher liegt nicht nur der AfD Russland. Bei Alexander Gauland ist es das Faible für den überlebensgroßen Reichskanzler Otto von Bismarck, der es verstand, nach den Einigungskriegen mit vielen Kugeln zu jonglieren, ohne sich nach Osten oder Westen festzulegen. Erst seine untauglichen Nachfolger ließen starke Bündnisse gegen das Reich entstehen, mit den bekannten Folgen im Ersten Weltkrieg.

Schlichtere rechte Gemüter sind von Wladimir Putin fasziniert, dem starken Mann, der sich nimmt, was er haben will. Und für Romantiker ist es die Weite des Landes und der Reichtum der russischen Seele, die sie inspiriert.

Nun sind die Vorlieben erstaunlich durcheinander geraten. Dafür sorgt Donald Trump, weil er so ist, wie er ist, und zum Beispiel noch vor Amtsantritt Grönland und Panama (und Kanada) für sich beansprucht. Seine Grundhaltung, dass Amerika zuerst und zuletzt kommt und Bündnisse nach Nutzbarkeit zu behandeln sind, entspricht den Wunschvorstellungen der AfD fürs eigene Land. Auch die Verdammnis für alles Liberale, die sich bei Trump immer wie Vernichtungsphantasien anhört, spricht Alice Weidel, Bernd Höcke usw. aus dem Herzen. Die Folge ist die neue Wertschätzung des Trump-Amerika. 

Die AfD ist keineswegs alleine. Giorgia Meloni machte gerade ihre Aufwartung in Mar-el-Lago. Ungewöhnlich für eine amtierende Ministerpräsidentin, dass sie nicht abwarten kann, bis der Gastgeber wieder ins Weiße Haus eingezogen ist. Und Trump macht aus seiner Wertschätzung für Viktor Orbán keinen Hehl. Dazu kommt, das Elon Musk für Nigel Farage herzliche Worte findet, den britischen Nationalisten, der den Brexit vorangetrieben hatte.

Interessante Veränderungen vollziehen sich da. Plötzlich ist Donald Trump der Mentor der europäischen Nationalkonservativen. Wladimir Putin, der Geld springen ließ und Wohlwollen schenkte, ist jetzt weniger gefragt. Die AfD spricht vorsichtiger über Frieden in der Ukraine als Sahra Wagenknecht.

Die europäische Rechte und deren große Freunde in Übersee schauen nun interessiert zu, ob mit Österreich der nächste Dominostein fällt. Bringt Herbert Kickel mit der ÖVP eine Koalition zustande, wofür ja vieles spricht, steigt er zum nächsten Helden auf, der die Aufmerksamkeit von Trump und Musk verdient.

Aus der deutschen Sicht war Österreich ein Land, auf das man folgenlos herabschauen konnte. Burgtheater, ja schon, Salzburg und der Jedermann, auch fein. Bruno Kreisky war eine Größe, aber sonst? Jörg Heider war das trübe Komplementärereignis, eine jüngere Ausgabe von Jean Marie LePen, der laszive Bemerkungen über die Hitler-Zeit fallen ließ. Herbert Kickel war übrigens Haider Redenschreiber.

Zugleich ist Österreich das böse Omen. Die Selbstverstümmelung von ÖVP und der SPÖ sind dort zu besichtigen, ebenso wie die Unmöglichkeit, auf Dauer die stärkste Fraktion, und das ist nun einmal die FPÖ, durch Kunstregierungen von der Macht fernzuhalten. 

Ja, soweit ist es in Deutschland noch nicht. Aber das Auseinanderbrechen der Regierung Scholz/Habeck/Lindner ist ein anderes Beispiel für die Unvereinbarkeit des Unvereinbaren. Nun hängt viel davon ab, ob Friedrich Merz am 23. Februar ein gutes Ergebnis erzielt, so dass er eine solide Regierung bilden kann, die sich um das Wesentliche kümmert.

Wäre doch ganz schön, wenn Deutschland Elon Musk, der die AfD für die einzige Rettung hält, widerlegen würde.

Veröffentlicht auf t-online.de, gestern.

Abenteurer auf Erden und im All

Elon Musk gehört zu den Ausnahmeerscheinungen unter der Menschheit. Er ist unfassbar begabt, unfassbar erfolgreich, unfassbar reich. Er trägt zum industriellen Fortschritt bei und vielleicht schafft er es sogar, auf dem Mars begraben zu werden, wovon er ja träumt. 

Auch Steve Jobs, der Apple-Gründer, gehört in die Riege der exzeptionellen Menschen, genauso wie Bill Gates, der Microsoft Leben einhauchte, oder Jeff Bezos, von dem wir Warenpakete jedweden Inhalts beziehen. Säulenheilige sind sie beileibe nicht, sondern knallharte Kapitalisten, die Monopole anstreben.

Zwischen Musk und den anderen Beschleunigern des Fortschritts gibt es allerdings einen erheblichen Unterschied. Keiner von ihnen verließ seinen Turf und spielte sich als Riesenstaatsmann auf. In seinem zweiten Leben beschloss Bill Gates Gutes zu tun; seine Stiftung rottet Krankheiten in Afrika aus. Jeff Bezos rettete die „Washington Post“. Steve Jobs starb früh.

Elon Musk begann sein Abenteuer in der Politik ganz konventionell, indem er Geld spendete – für Demokraten wie Bill Clinton, Barack Obama, Joe Biden, woran er sich heute kaum noch erinnert. Dann aber schlug er sich auf Donald Trumps Seite und trug zu seiner Wiederwahl mit vielen Millionen Dollar bei. Seither tritt er selber in den Vordergrund und inszeniert sich nicht nur als Sprachrohr des Bald-Präsidenten, sondern als dessen Zweitstimme. Gut möglich, dass er glaubt, ohne ihn wäre The Donald nicht wieder in die Nähe des Weißen Hauses gelangt. Das Verhältnis der beiden wird noch interessant.

In Deutschland war Elon Musk bisher dieser Tausendsassa, der Tesla in der Brandenburger Steppe produzieren ließ und gelegentlich zur Begutachtung der Bauten einflog. Hätte er sich damit begnügt, die Welt mit seinen E-Autos zu beglücken und ansonsten das All zu erobern, wäre er noch immer nur der Inbegriff des Fortschrittsgiganten, der groß denkt und groß handelt.

Die neue Trump-Regierung, die am 20. Januar eingeschworen wird, steckt voller reicher Männer, die Politik für ein Gewerbe halten, dass man mit links macht und nicht länger mediokren Figuren überlassen sollte. Elon Musk ist ihr Anführer, der die Verhältnisse auf den Kopf stellen will.

Der Mikrobloggingdienst X ist sein Medium, das seine Meinungen und Beschimpfungen ins Universum trägt. Seitdem wissen wir, dass er den Bundeskanzler für einen Narren hält und den Bundespräsidenten für einen antidemokratischen Tyrannen. Außerdem empfiehlt er den Deutschen die AfD als einzige Alternative zum herrschenden System.

Zum Politikum wurden diese losen Bemerkungen erst, als sie von X in die „Welt am Sonntag“ wanderten. Der Springer-Konzern machte sich mit der AfD gemein, was eigentlich keine Sensation ist, liest man auch nur gelegentlich „Bild“. Dennoch brach Verlegenheit im Hause aus. Vorsorglich wies der Vorstandsvorsitzende Matthias Döpfner jegliche Verantwortung für den Beitrag von sich, gerade wohl deshalb, weil Elon Musk zu Gast bei seinem 60. Geburtstag gewesen war.

Der „Welt“- Chefredakteur, Ulf Poschardt, erzählte von einer mutigen Redakteurin, die Musks Einlassungen auf X gelesen und ihn zu einem größeren Elaborat in gedruckter Form gebeten habe. Diese Version veranlasste wiederum einen Springer-Aufsichtsrat, den Tech-Unternehmer Martin Varsavsky, zur Richtigstellung, ihm sei der erleuchtende Erguss in der „Welt am Sonntag“ zu verdanken.

Wie auch immer, Elon Musk wird es egal sein und er wird sich in der Bedeutung seiner Person nun auch in der deutschen Weltinnenpolitik bestätigt sehen. Als Autorität vermag er auf Robert Habeck hinweisen, der ihm warnend zuruft: „Finger weg von unserer Demokratie“.

Die eigentliche Frage ist aber, was den wohl reichsten Mann der Welt dazu antreibt, seine Kommunikationsmacht in den Dienst eines neuen Autoritarismus zu stellen. Denn der Trumpsche Ethno-Nationalismus erfreut sich der massiven Unterstützung der libertären Tech-Elite, die für Verschwörungstheorien empfänglich ist und Eingriffe des Staates ins Wirtschaftsleben als Teufelswerk verdammt. 

Elon Musk wurde 1971 in Pretoria in eine wohlhabende Buren-Familie geboren. Damals herrschte Apartheid in Südafrika und die Angst der weißen Minderheit vor der Herrschaft der schwarzen Mehrheit war groß. Musk begab sich als Student auf Wanderschaft. Auf dem Umweg über Kanada kam er nach Amerika, machte Karriere und erlangte die Staatsbürgerschaft.

Lange Zeit war Musk kein Anhänger ethno-ständischer Ordnungen wie Donald Trump, sondern unterstützte eben ausgesuchte Demokraten. Offenbar war es aber die Black-Lives-Matter-Bewegung, die ihn störte, weil sie den Unternehmen Diversität abverlangte. Libertäre wie Musk sind aber Verfechter einer unbedingten Meritokratie, in der individuelle Fähigkeiten die alleinige Grundlage für Erfolg sind. Bis heute versteht er es, in AmerikaGewerkschaften aus seinen Unternehmen fern zu halten. 

Den Kreuzzügen gegen das „Woke“ – ein summarischer Begriff für alles, was für radikale Republikaner in Amerika schief läuft –  haftet durchaus Persönliches an. Während der Pandemie lud Joe Biden Amerikas Autobauer ins Weiße Haus zu einem Gipfeltreffen ein – nur Musk nicht, zu dessen tiefer Kränkung. Seine Tochter, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterzog, erklärte er in einem Interview für tot.

„Aus einem libertären Tech-CEO,“ so schreibt die FAZ, „der narzisstische Züge aufwies, politisch gleichwohl ein Zentrist war, entwickelte sich binnen weniger Jahre ein libertärer Autoritärer.“ Musk kaufte Twitter und machte daraus einen nationalistischen Verstärker, der Rechtsausleger bevorzugte und Kritiker verbannte. Mit seiner Verlosung von 1 Million täglich rekrutierte er dann Wähler für den Kandidaten Trump.

Musk folgen heute 208 Millionen Menschen auf X. Er ist eine Macht aus eigenem Recht dank der Politisierung der Algorithmen, wie die FAZ schreibt.

In Trumps Orbit befindet sich Elon Musk nun in illustrer Gesellschaft. Ein Mann hackte einem gestrandeten Wal den Kopf ab und befestigte ihn auf dem Dach seines Autos – Robert F. Kennedy wird nun Gesundheitsminister. Ein anderer stieg betrunken in einem Strip-Klub auf die Bühne und tanzte mit der Ausziehkünstlerin – Pete Hegseth soll Verteidigungsminister werden. Und der Bald-Präsident lasse Kölnisch Wasser in einem Flakon in der Form seines Kopfes verkaufen, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“.

Ein Kabinett aus so vielen eigenwilligen Außenseitern hat Amerika noch nicht gesehen, noch nicht gehabt. Wie werden die Trumpisten regieren? Seltsame Gebräuche in der Vergangenheit müssen nicht bedeuten, dass daraus schlechte Politik folgt. Aber umgekehrt führt Dilettantismus à la Elon Musk nicht notwendig zu solider Regierung. Wie immer können wir zu Beginn des neuen Jahres nur das Beste für Amerika und die Welt erhoffen.

Veröffentlicht auf t-online.de, gestern.

Hoffnungsschimmer im Irrsinn

Was bringt das neue Jahr? Unterm Weihnachtsbaum, beim Spaziergang im winterlichen Sonnenschein, im Familienkreis wird diese Frage alljährlich hin und her gewälzt. Wahrscheinlich diesmal noch intensiver, noch ratloser als sonst immer. Es ist ja nicht ganz einfach, zuversichtlich zu bleiben, wenn man sich im eigenen Land und in der Welt umsieht. Aber was ist die Alternative?

Präventive Panik liegt nahe, das schon. Donald Trump sitzt in drei Wochen im Weißen Haus und kann machen, was er will, wie die Dinge liegen. Selten war ein Präsident so mächtig. Ein paar Wochen später wählt Deutschland das Parlament, das den Kanzler wählt, der Friedrich Merz heißen wird. Auch nicht jung, auch nicht frisch, auch mit Beklommenheit erwartet. Dann der Krieg in der Ukraine und der Krieg in Nahost, der aus multiplen Teilkriegen besteht.

Zum Glück geht es in der Geschichte selten andauernd bergab. Es gibt auch Ruhephasen und eingestreut erfreuliche Ereignisse. In Polen regieren wieder Pro-Europäer. In Großbritannien sind pragmatische Sozialdemokraten nach dilettierenden Edelkonservativen am Ruder.. 

Selbst im Nahen Osten gibt es bei allem Irrsinn bemerkenswerte Entwicklungen, die Anlass zu einem gewissen Optimismus geben. Die Assad-Dynastie ist Vergangenheit, wer hätte das gedacht. Die siegreichen Rebellen legen es darauf an, einen besonnen Eindruck zu erwecken. Wenn es gut geht, halten sie sich dauerhaft daran. 

Die Ereignisse in Syrien, im Libanon und im Gaza haben Iran geschwächt. Der Export der schiitischen Revolution ist fürs Erste gestoppt, wer wollte sich darüber beschweren? Israel ist dabei, sich von der Achse des Widerstands zu befreien. Aber was macht es daraus? Kann Benjamin Netanyahu mehr als nur Krieg zu führen? Wer unterbricht die Gewaltspirale?

Das politische Kennzeichen der Zeit ist Disruption. Dafür sorgten unter anderen Hamas und Hisbolah. Wladimir Putin macht mit, in der Ukraine, in Syrien, mit seinen hybriden Kriegen in Europa. China hat die Disruption hinter sich; dafür sorgte Xi Jinping, der den regelmäßigen Austausch der Führungsspitze zu seinen Gunsten beendete.

Disruption als Begriff ist noch jung. Er meint Unterbrechung einer Entwicklung, Zerstörung des Bestehenden. Dem Kapitalismus wohnt dieses Prinzip von je her inne. Er zerstört alte Geschäftsmodelle und Technologien und ersetzt sie durch neue, wodurch sich auch Staat und Gesellschaft wandeln. Aber die rechte Wende, die sich in etlichen Ländern Bahn bricht, konzentriert sich auf starke Einzelne, die den Lauf der Dinge fundamental verändern.

Im Westen ist es Donald Trump, der Disruption zum Wesenskern seiner Politik erhoben hat. Ich mache kaputt, was uns kaputt macht, ist seine Botschaft. Da er meint, was er sagt, lässt er zwei Milliardäre – Elon Musk und Vivek Ramaswamy – die Washingtoner Bürokratie zerschlagen, mit dem Ziel, Trump-Getreue dort einzusetzen. Ihm geht es um den „tiefen Staat“, was auch immer das sein mag. Wer nicht von ihm handverlesen ist, dem traut er nicht, schon gar nicht gesichtslosen Institutionen. 

Interessant daran ist, dass der neue Autoritarismus, den Trump verkörpert, von einer technologischen Elite getragen wird, die sich auf einen Kreuzzug begeben hat. Elon Musk ist das herausragende Symbol dafür. In seinem missionarischen Konservatismus empfiehlt er Deutschland, es Amerika nachzumachen und die AfD an die Regierung zu bringen. 

Trump und Musk, ein wahrhaft infernales Duo, aber auch zwei weltumspannende Egos, für die diese Welt zu klein ist. Kleine Wette am Rande: Die Symbiose der beiden übersteht dieses Jahr 2025 nicht. Ein Überpräsident wie Trump duldet keinen Über-Präsidenten neben sich.

Wie viel Disruption Donald Trump auslösen wird, ist die große Frage des kommenden Jahres. Außenpolitisch mag er unberechenbar bleiben, vielleicht auch für sich selber. Versteht man ihn richtig, möchte er den Friedensnobelpreis bekommen und, wie er eben so ist, wird er alles daran setzen, dass er ihn bekommt, wie Barack Obama vor ihm. Frieden in die Welt zu tragen, eröffnet ihm diese Möglichkeit, zum Beispiel in der Ukraine. 

Gerecht muss er sein, dieser Frieden. Nicht auf Kosten des Kleinen, nicht dem Aggressor zum Gefallen. Mag sein, dass Trump in seiner Selbstüberschätzung daran glaubt, er könnte Wladimir Putin zu Großzügigkeit überreden. Was aber wenn nicht? Zur Trumpschen Unberechenbarkeit gehört die Reaktion darauf. Lässt er die Ukraine weiterhin aufrüsten? Wendet sich Amerika einfach ab und erklärt den Fall für Europas Problem wie ja auch Syrien?

Deutschland hat Disruption hinter sich. Sie war eine notwendige Maßnahme des Staates in der Pandemie und im Wechsel in der Energieversorgung. Die Wahl am 23. Februar wird zu einem Regierungswechsel führen, zu einem Machtwechsel, aber Disruption ist von Friedrich Merz nicht zu erwarten, eher Korrektur – zum Beispiel am Bürgergeld, an der Immigration, an der Aufrüstung der Bundeswehr. Entscheidend wird sein, ob Handelskriege, von Trump verursacht, den globalen Austausch an waren und Gütern behindert, unter dem Exportnationen wie Deutschland besonders leiden würden.

Getrübte Gefühle, getrübte Aussichten auf das Jahr 2025. Um eine Disruption sollten wir unseren baldigen Kanzler aber jetzt schon bitten: Er möge geschmeidig regieren und ein paar Probleme lösen, die aufs Lösen seit geraumer Zeit warten.

Veröffentlicht auf t-online.de, heute.

Der Gottesfürchtige

 Jimmy Carter war ein guter Mensch. Seine Moral gründete in seinem Christentum, über das er wie über eine Selbstverständlichkeit redete. Für ihn war Gott keine transzendente Instanz, unerforschlich und fern, sondern ein naher Verwandter, mit dem man innige Gespräche führt. Er sagte, er habe dafür gebetet, dass ihm ein friedliches Ende beschert sein möge. „Ich bat Gott nicht darum, mich leben zu lassen, aber ich bat ihn um eine richtige Haltung gegenüber dem Tod. Und jetzt lebe ich vollkommen und vollständig entspannt auf den Tod hin.“

Im Leben von James Earl Carter, den jedermann Jimmy nennen durfte und musste, waren die letzten Dinge stets gegenwärtig. Die Gläubigkeit geht im amerikanischen Süden tiefer als an den Küsten Neuenglands und Kaliforniens – im Guten wie im Schlechten. Sie verursachte ja auch den Rassismus, der dem 19. Jahrhundert anzugehören schien, wie man denken könnte, aber das war ein grundlegender Irrtum. Diese Ursünde der Gründung Amerikas scheint nicht zu vergehen und nichts an diesem Land lässt sich weniger verstehen als die Segregation oder der Ku-Klux-Klan.

In seinen Anfängen schlug sich Jimmy Carter auf die Seite der Rassisten. Als er 1970 zum ersten Mal Gouverneur von Georgia werden wollte, suchte er die Unterstützung von George Wallace, einer der übelsten Figuren, die sich gegen die Aufhebung der Rassentrennung im Süden wehrte, als sei sie des Teufels. Wie Jimmy Carter diese Verirrung aus Opportunismus seinem Gott erklärte, wüsste ich gern.

Als er Gouverneur war, verwandelte er sich in den Menschen, den wir kennen. Er sagte, die Rassentrennung sei Vergangenheit. Mit diesem Satz war er, man glaubt es kaum, der erste Amtsinhaber im Süden, der Selbstverständliches aussprach. Als er im Jahr 1976 Präsident wurde, war er wiederum ein Phänomen, nämlich der erste Amtsinhaber aus dem tiefen Süden seit dem Amerikanischen Bürgerkrieg. 

Er war der große Unbekannte. Der Erdnussfarmer aus Georgia bildete mit seiner Frau Rosalynn ein Duo, als es noch unüblich war, dass die Ehefrau mehr als Dekor war, nämlich eine Ratgeberin des Präsidenten. „Rosalynn and I“, so leitete er unzählige Sätze ein. Das Paar bildete eine Symbiose und nichts wäre schöner für die beiden gewesen, hätte ihr Gott sie zusammen heimgeholt. Aber Rosalie starb zuerst, am 19. November 2023, mit 96 Jahren.

Ihr Mann Jimmy war ein gläubiger Mensch in einer zynischen Zeit. Als er Präsident wurde lag der Rücktritt Richard Nixons nur zwei Jahre zurück, der Vietnamkrieg nur ein Jahr, die Veteranen kehrten heim in ein Land, das nichts von ihnen wissen wollte, hatten sie doch einen Krieg verloren, in dem sie unfassbar überlegen gewesen waren, was ihnen aber nichts nutzte.

Jimmy Carter war nicht zynisch. In diesem geschichtlichen Augenblick war er das Beste, was seinem Land passieren konnte. Amerika war zwar eine Weltmacht, die aus den falschen Gründen falsche Kriege führte, aber es war auch eine Nation, die sich nach Erlösung sehnte. Carter bot Erlösung an und deshalb durfte er im Januar 1977 ins Weiße Haus einziehen.

Damals begannen zwei Entwicklungen, die bis heute andauern: Amerika wählt, erstens, einigermaßen zuverlässig das genaue Gegenteil des jeweiligen Amtsinhabers. Nixon war ein Ganove, Carter ein Gottesfürchtiger. Und, zweitens, besiegen unbekannte Größen aus der Provinz, die ultimativen Washington-Insider: nach Carter kamen Bill Clinton und Barack Obama, aber auch Donald Trump.

Die schöne Harmonie zwischen Carter und Amerika hielt nicht allzu lange an. Sein annus horribilis war 1979. Zuerst zog Ajatollah Khomeini in Teheran ein und vertrieb Schah Reza Pahlevi, den getreuen Verbündeten der Weltmacht USA. Dann schickte die Sowjetunion ihre Rote Armee nach Afghanistan, weil sie aus dem schrecklichen Krieg der anderen Supermacht in Vietnam nichts gelernt hatte.

Die Folge des Machtwechsels in Iran war die zweite Erdölkrise, die den Westen ins Mark traf. Sie verursachte hohe Inflation und hohe Arbeitslosigkeit in den fortgeschrittenen Industriestaaten, auch in den USA. Damit war das Ende der Eintracht mit seinem Präsidenten erreicht.

Es kam noch schlimmer für Jimmy Carter. Weil die USA dem krebskranken Schah Behandlung im eigenen Land gewährte, besetzten 400 Studenten in Teheran die Botschaft des „großen Satans“ und nahmen 52 Diplomaten zu Geiseln. Sie verlangten die Auslieferung des Schahs, was Carter ablehnte. Das geschah am 4. November 1979.

Was macht ein Präsident in so einer Lage? Er sagt, er werde keine Aktion zur Befreiung erlauben und lässt sie heimlich vorbereiten. In der Nacht zum 25. April 1980 begann das Unternehmen „Adlerklaue“ mit Flügen in die große Salzwüste im Süden Irans. Wegen eines verheerenden Sandsturms musste die Befreiungsaktion sofort abgebrochen werden. Es kam, wie es immer kommt: Beim Start stürzte ein Hubschrauber ab. Acht Soldaten waren sofort tot, vier verletzt. Die Leichen stellte das Regime der Mullahs öffentlich in Teheran aus.

Eine Katastrophe. Eine beispiellose Demütigung. Eine Verhöhnung der Weltmacht. Gepeinigt vom Vietnamkrieg, musste Amerika einen neuerlichen Nachweis für strategisches Unvermögen und militärische Schwäche hinnehmen. Damals wollte die Weltmacht noch unbedingt Weltmacht sein und für Niederlagen suchte sie Schuldige. Einer davon saß im Weißen Haus.

Ajatollah Chomeini machte sich einen Spaß daraus, den nächsten amerikanischen Präsidenten zu bestimmen, dessen Wahl im November 1980 anstand. Die Geiseln ließ er zielsicher am 19. Januar 1981 frei, einen Tag vor der Amtseinführung Ronald Reagans, der mit überwältigender Mehrheit gewählt worden war.

Jimmy Carter zog sich nach Plains zurück, seiner Heimatstadt in Georgia. Für einige Zeit hielt er sich der Öffentlichkeit fern, dann gründete er sein Carter Center und setzte sich fortan für Menschenrechte auf der ganzen Welt ein. Das Center widmet sich der Konfliktverhütung und überwacht Wahlen.

Jimmy Carter selber wirkte als Vermittler in Haiti und Bosnien-Herzegowina, reiste nach Kuba und traf Fidel Castro. Er schrieb ein Buch, für das er einen beredeten Titel wählte: „Palestine Peace, not Apartheid“, in dem er Israel die Hauptschuld an den unhaltbaren Zuständen gab. 

Da war er wieder, der Moralist Jimmy Carter. Ihm machte der Aufschrei über sein Buch in Israel und Amerika nichts aus. Er bewegte sich ja jetzt auf seinem eigenen Planeten, allein seinem Gewissen verpflichtet. Um Humanität ging es ihm, um Demokratie und Gerechtigkeit. Politik und Selbstanpreisung war gestern. Die Freiheit vom Schaugeschäft genoss er, keine Frage. Und, man glaubt es kaum, er freundete sich mit Bob Dylan an, dem großen Schweiger.

Im Jahr 2002 erhielt Jimmy Carter den Friedensnobelpreis, die maximale Genugtuung für das unrühmliche Ende seiner Präsidentschaft. Als Zivilist, als Amerikaner, als Weltbürger ehrte ihn das Norwegische Nobelkomitee.

Jimmy Carter lebte nach dem Auszug aus dem Weißen Haus noch 43 Jahre, länger als jeder andere Präsident vor ihm. Bis zuletzt reiste er, empfing Gäste und gab Sonntags Erwachsenen Unterricht an der Maranatha Baptist Church in Plains. Das Kleine und das Große waren ihm gleich wichtig. Dann zog er sich, gemeinsam mit Rosalynn zum Sterben zurück.

Jetzt folgt Jimmy seiner Rosalynn und hält Einzug bei seinem Gott, ein gläubiger Baptist des tiefen Südens.

Veröffentlicht uf t-online.de, gestern.

Gas geben, Menschen töten

Auf Bill Clinton geht ein Gesetz aus dem Jahr 1996 zurück, das in guter Absicht beschlossen wurde, aber unabsehbare Folgen zeitigt. Damals war das Internet noch jung und es schien nötig zu sein, die neuen digitalen Plattformen vor staatlicher Zensur zu schützen. Mit der Konsequenz, dass die Betreiber keinerlei Verantwortung für Veröffentlichtes übernehmen müssen, leben wir heute.

Elon Musk darf schreiben und veröffentlichen, was er will, es sei denn es ist strafrechtlich relevant. Der übergroße Rest, egal wie schwachsinnig oder erkenntnisreich, steht unter dem Gebot der Meinungsfreiheit.

Seit dem Attentat von Magdeburg halten sich Politiker aller Parteien mit Äußerungen zurück. Nicht etwa, weil Weihnachten bevorsteht oder weil sie den Wahlkampf in christlicher Absicht  scheuen, sondern weil der Fall zu  schwierig ist, zu ungewöhnlich, so dass selbst geübte Scharfmacher, etwa in Bayern, die üblichen Reflexe vermissen lassen.

Taleb al-Abdulmohsen, 50, Arzt, aus Saudi-Arabien, seit 18 Jahren hier, Arbeit in einem Gefängnis, anti-islamischer Aktivist, massiv in den sozialen Medien unterwegs.  Nicht etwa ein Syrer, des Lesens und Schreibens unkundig und islamisch radikalisiert – eben nicht der Archetyp des illegalen Immigranten, den die Rechte an die Wand malt, von der AfD bis zur „Heimat“, wie die NPD sich nun nennt.

Nicht einmal die AfD wagte es zunächst, routiniert nach Remigration zu verlangen und schaute erst einmal in den Mitgliederlisten nach, ob der Attentäter etwa einer von ihnen war. War er wohl nicht. Nur auf Björn Höcke ist Verlass. Er meldete sich alsbald auf auf seinem Telegram-Kanal zu Wort: Die Bemühungen von Politik und Medien, den Verdacht auf einen islamistischen Hintergrund „zu zerstreuen, sprechen Bände“. Ironischerweise spricht Bände, dass sich Höcke und der Attentäter-Arzt einig sind in ihrem Hass auf den Islamismus.

Im Netz findet sich passende Gesellschaft, denn auch dort kommt es auf die schnelle scharfe Andeutung an, die wilde Verschwörungstheorie. Dort darf jeder, der Laptop/Handy/Tablet bedienen kann, seine maßgebliche Meinung faktenfern kundtun: Er habe sich nur verstellt und sich niemals vom Islam losgesagt, dieser Taleb al-Abdulmohsen. Er sei in Wahrheit ein Geheimdienstagent gewesen, der saudiarabische  Dissidenten in Deutschland ausgespäht habe. Oder war er vielleicht gar kein Arzt?

Die Wahrheit ist langweilig. Sie beruht auf Fakten, kann zwar hin und her gewendet werden, bietet aber so etwas wie eine allgemein gültige Grundlage für jedwede Auslegung und damit eine gewisse Verbindlichkeit. Aufregender ist jedoch die Zwischenspanne, die Phase, wenn das schreckliche Ereignis noch nicht lange her ist und sich die spintisierende Spekulation ungehemmt ins Netz ergießen kann.

Da kann man alles behaupten und ist für nichts verantwortlich. Diese Erregung, dieses Voyeurhafte, diese völlig losgelöste Amoralität breitet sich rasend schnell aus und erzeugt eine Grundstimmung, die jederzeit abrufbar ist.

Wenn es gut geht, bleibt es beim Dualismus von vorsichtiger Behandlung in der Öffentlichkeit und der Raserei im Netz. Unter den herrschenden Umständen ist das aber fast schon eine Utopie. In Amerika wird Donald Trump, der ungezügelt redet und denkt wie die Enthemmten in den sozialen Medien, zum zweiten Mal Präsident.

Verantwortungsvolle Demokratien tun gut daran innezuhalten, wenn Attentäter wie in Magdeburg oder auf dem Berliner Breitscheidplatz wahllos so viele Menschen töten und verletzen wollen, wie sie können. Fassungslosigkeit verschlägt die Sprache. Gesten, wie das Blumen-und Kerzenmeer vor der Magdeburger Johanniskirche, sind im Schock beredter als Worte.

Demokratien müssen dann aber auch wieder die richtigen Worte bei Andachten und Trauergottesdienst finden. Darauf haben die Angehörigen der Getöteten und Verletzten ein Anrecht. Und unsere Politiker, die nach Magdeburg kamen, haben ein Anrecht auf Respekt, was denn sonst.

Natürlich wollen wir so schnell wie möglich alles über die Biographie dieses Arztes wissen, um zu verstehen, was ihn dazu antrieb, in einen Wagen zu steigen, Gas zu geben und drei Minuten lang Menschen auf einem Weihnachtsmarkt zu töten und zu verletzen. Wie so viele andere Attentäter vor ihm tobte er sich zunächst in den sozialen Medien aus, beschloss dann aber, dass ihm dieses Toben nicht mehr genug war und schockte eine Stadt und ein ganzes Land.

Aber lässt sich vermeiden, dass irregeleitete Existenzen Unglück über Menschen bringen, die nichts als vorweihnachtliche Freude genießen wollen? Wie denn?

Veröffentlicht auf t-online.de, heute.

Bitte um mehr Ernst

Heute gleitet das, was wir die Ampel nennen, mit der verlorenen Vertrauensfrage in die Vergangenheit. Sie bescherte uns knapp zwei gute Jahre, denen ein quälendes Jahr folgte. Den Schaden haben alle drei Parteien, die sie bildeten. Ihre Köpfe liegen schon unter der Guillotine, die Wähler in 69 Tagen in Gang setzen werden.

Die SPD glaubt an das Wunder der Auferstehung oder tut so, als ob sie daran glaubte. Wäre Olaf Scholz als Kanzler so geschäftig gewesen wie jetzt als Wahlkämpfer, hätte er keinen beispiellosen Absturz an Popularität erlebt. 

Christian Lindner war eigentlich kein Falschspieler. Was in seiner Absicht lag, ließ sich unschwer erraten – raus bis Jahresende. Auch der Umstand, dass in Parteizentralen allerlei Papiere verfasst werden, die besser nicht das Tageslicht erblicken, ist kein Skandal. Nur was hat Lindner geritten, als er den Styropor-Satz formulierte, er habe das ominöse Ausstiegs-Manifest nicht zur Kenntnis genommen? 

Die Grünen stürzen vermutlich nicht ins Bodenlose, aber sie stürzen, verglichen mit der Reichweite, die man ihnen zugetraut hatte. Schienen sogar 25 Prozent keine Utopie zu sein? Mutig ist es auch, den nicht zufällig umstrittenen Robert Habeck zum Küchentisch-Kanzlerkandidaten auszurufen.

Alle drei Ampel-Parteien können nur darauf hoffen, dass die Wähler am 23. Februar ihre Bestrafungsphantasien drosseln. Mag ja sein, dass zumindest eine Partei noch gebraucht wird.

Wenn nicht der Blitz einschlägt, heißt der nächste Bundeskanzler Friedrich Merz. Wenn es so kommt, wie es aussieht, geben ihm die Wähler ein solides Mandat für eine Zweier-Koalition. Vermeidet er Fehler und kann sich Markus Söder einigermaßen beherrschen, sind 35 plus x Prozent im Bereich des Möglichen.

Zugleich haben die Parteien, die sich im Unterschied zur AfD die demokratischen nennen, vermutlich die vorerst letzte Gelegenheit, den Durchbruch der Rechten zu stoppen. Schon einmal deshalb muss man Merz Glück wünschen. Scheitert er, könnte Alice Weidel ihre Chance bekommen.

Olaf Scholz studierte Angela Merkel und ahmte sie nach. Er hielt sich, wie wir jetzt wissen, für cool im Abwarten und Abtauchen. Was er für seine Stärke erachtete, erwies sich dummerweise als Schwäche. Friedrich Merz studierte Olaf Scholz und dürfte nunmehr wissen, wie er nicht regieren sollte.

Das Entscheidende macht Merz schon mal richtig. Da die Union nicht einmal von der absoluten Mehrheit träumt, benötigt sie wie eh und je einen Koalitionspartner. Die FDP fällt aus, selbst wenn sie wider Erwarten in den Bundestag kommen sollte. Bleiben also SPD und Grüne. Warum sollte Merz eine der beiden Parteien von vornherein verschmähen? 

Markus Söder ist und bleibt Markus Söder. Die Generalabsage an die Grünen folgt auf die temporäre Vergrünung der CSU – schon vergessen? Damit rollt er Friedrich Merz ein paar Felsbrocken in den Weg, er kann einfach nicht anders und ihm widerstrebt offensichtlich die Aussicht auf einen bemerkenswerten Erfolg der CDU. Merz sollte ihn drohend an seine Sabotage vor drei Jahren erinnern.

Diese Machtspielchen sind mehr denn je unangebracht. Wen wir uns was wünschen dürften, dann würden wir den präsumtiven Bundeskanzler darum bitten, den irrlichternden Halbernst der Ampel nicht fortzusetzen, sondern Prioritäten zu nennen. Beispiel Aufrüstung der Bundeswehr: Will er die Wehrpflicht wieder einführen? Beispiel Ukraine: Will er Taurus-Marschflugkörper liefern? Beispiel Klimapolitik: Wie ernst ist es ihm damit? Beispiel Bürgergeld: Abschaffen oder straffen? Beispiel Wirtschaftsflaute: Was gedenkt er dagegen zu tun? Und schließlich und endlich: Wie hält er es denn nun wirklich mit der Schuldenbremse? Sie ist nicht alles, aber ohne ihre Reform ist vieles nichts.

Heute ist die Ampel Geschichte, auch wenn sie noch das Kindergeld erhöht und die Einkommensteuer senkt. Dann haben unsere armen Seele Ruh bis knapp Mitte Januar. Danach stehen uns sieben Wochen Wahlkampf bevor, in dem zur Abwechslung der Wettbewerb fiktiver Versprechen ausgesetzt werden sollte. 

Große Bitte um Ernst, der Lage angemessen.

Veröffentlicht auf t-online.de, gestern.

Ein neuer Diktator

Der Bundeskanzler hat den Sturz Baschar al-Assads als gute Nachricht bezeichnet. Ja, Demokraten dürfen sich freuen, wenn ein Diktator fällt, der 13 Jahre lang Krieg gegen seine eigenen Bürger führte und nur dank der Hilfe von Ländern wie Russland und Iran an der Macht blieb. Allerdings lehrt die Erfahrung im Nahen Osten zur Vorsicht in der Beurteilung von Erdbeben, wie sie gerade Syrien erlebt.

Wenn in dieser Region ein Machthaber fällt, der sein Land mit Angst und Schrecken regierte, dann stellt sich immer die Frage: Wer oder was kommt jetzt?  Als Hosni Mubarak im Jahr 2011 zurücktreten musste, weil ihm Amerika im arabischen Frühling seinen Schutz entzog, kamen die Moslembrüder in Ägypten an die Macht. Ihnen schwebte ein theokratischer Staat vor. Dafür ließen sich sich auf eine Machtprobe mit dem Militär ein, die sie verloren. Seither herrscht ein Feldmarschall in Ägypten, Abdel Fatah El-Sisi.

Der arabische Frühling verblühte rasch. Muammar al-Ghaddafi starb am 20. Oktober 2011. Seither ringen unterschiedliche Fraktionen ausdauernd um die Vorherrschaft in Libyen. Fremde Länder wie Russland oder auch die Türkei mischen aus Eigeninteresse mit.

In Syrien herrschte die Familie Assad mehr als 50 Jahre. Der zweitälteste Sohn Baschar musste die Nachfolge übernehmen, nach dem sein eigentlich gesalbter Bruder Basil 1994 bei einem Autounfall gestorben war. Baschar war ursprünglich auf einer ganz anderen Umlaufbahn. Er studierte in London, entdeckte seine Begabung für Computer und Medizin, arbeitete als Augenarzt. Im Sommer 2000 starb sein Vater und Baschar übernahm die Nachfolge. Er galt als moderner Mensch, als Reformer, eigentlich als unpolitisch. Da war er 34 Jahre alt.

Im September 2006 habe ich Assad interviewt. Wie ein Autokrat oder Diktator kam er mir nicht vor. Er schien mit seiner Rolle zu fremdeln, nahm sich viel Zeit, wollte hören, wie ich die Lage im Nahen Osten und den Einfluss Amerikas einschätzte. Nie hätte ich gedacht, dass aus diesem kultivierte Mann der Schlächter seines Volkes werden würde.

Der neue starke Mann in Damaskus heisst seit gestern Abu Muhammad al-Dschaulani. Er sei groß geworden unter Bombenlegern und Kopfabschneidern der al-Quaida im Irak, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. Heute trägt seine Miliz den komplizierten Namen: Hayyat Tahir al-Sham, was auf deutsch Organisation zur Befreiung der Levante heißt. Die Levante umfasst Syrien, Libanon, Israel, Jordanien und die palästinensischen Autonomiegebiete. Ziemlich krasser Anspruch. 

Seit einiger Zeit schien der Bürgerkrieg in Syrien eingefroren zu sein. Iran, die Hisbollah und Russland hatten Baschar al-Assad gerettet. Die iranischen Revolutionsgarden und die Hisbollah bauten ihren Einfluss systematisch aus. Die Rebellen waren auf ihre Hochburg Idlib im Norden begrenzt. Sie bekamen Hilfe aus den USA, der Türkei und Saudi-Arabien.

Der Zeitpunkt zur Wiederaufnahme der Revolution war jetzt günstig. Iran flog schon am vorigen Freitag seine militärischen Kommandeure und militärisches Personal aus. Iran unternahm keinen Versuch, Assad zu verteidigen. Die Hisbollah kämpft ums Überleben im Libanon und fiel deshalb auch aus. Russland führt Krieg in der Ukraine. Die Schutzherren boten keinen Schutz mehr. So blieb Assad und seiner Familie nur die Flucht per Flugzeug nach Russland.

Wahrscheinlich haben sich nicht einmal die Rebellen ihren Vorstoß  so leicht, so schnell, so glatt vorgestellt. Zuerst Aleppo, dann Homa und Homs und schon standen sie in Damaskus. Dschaulani verhängte eine Ausgangssperre, sagte Christen und Aleviten  Protektion zu. Er ist bemüht um ein freundliches Gesicht.

Der Umsturz in Syrien ist eine weitere schlechte Nachricht für das Mullah-Regime in Teheran. Der Einfluss, den es sich in Libanon, und Syrien systematisch aufbaute, ist rasant im Schwinden. Nicht zufällig ließ sich die Hisbollah ohne Zögern auf den Waffenstillstand mit Israel ein. Iran und seine Schützlinge schließen die Reihen und bedenken ihre Strategie.

Der 7. Oktober 2022 löste eine Dynamik aus, der den ganzen Nahen Osten erfasst. Israel, an jenem Tag maximal gedemütigt, ist mehr denn je zur militärisch Vormacht in der Region aufgestiegen. Die Regierung Netanyahu behält die Kontrolle über den Libanon. Die Revolution gibt die Gelegenheit, in die entmilitarisierte Zone auf den Golan-Höhen vorzurücken, die an Syrien grenzt.

In einer zentrale Rolle in Syrien rückt nun die Türkei. Sie kontrolliert Gebiete im Norden und unterstützt Gruppen wie die Syrische Nationalarmee, die aus der Opposition hervorgingen. In Idlib gab es türkische Banken, türkische Läden und türkische Postämter. Als Währung diente die türkische Lira. Angeblich erteilte die Türkei auch sein stillschweigendes Einverständnis für den Großangriff auf Assad.

Recep Tayyip Erdogan ist der Schutzherr der Rebellen. Ob sie in nächster Zeit die Macht teilen oder, was eher anzunehmen ist, darum kämpfen, wird sich bald schon zeigen. Schwer einzuschätzen, ob Syrien den libyschen oder ägyptischen Weg gehen wird. 

Die Hälfte der 22 Millionen Syrer ist aus ihren Wohnungen und Städten geflohen – innerhalb ihres Landes oder außerhalb in den Libanon, die Türkei, nach Europa. Viele von ihnen werden nach Hause gehen wollen, um dabei zu helfen, das zerstörte Land wieder aufzubauen.

In Deutschland leben 800 000 Syrer. Vermutlich verbindet Olaf Scholz, der Wahlkämpfer,  mit der guten Nachricht die Hoffnung, dass ein Großteil das eigene Land dem Leben in der Fremde vorzieht.

Veröffentlicht auf t-obline.de, heute.

Wenn Krieg zum Normalzustand wird

Im Libanon herrscht Waffenruhe auf Abruf, während in Syrien der Bürgerkrieg nach Jahren der Pause wieder auflebt. Und die Ukraine sucht Garantien für einen Frieden, den ihr die Nato kaum gewähren will. Geht das immer so weiter?

Text:

Irgendwann geht jeder Krieg zu Ende, sagen kluge Historiker. Damit ist nichts gesagt über das Wie und Wann. Schaut man sich heute auf den Schauplätzen um, auf denen Kriege und Bürgerkriege stattfinden, fragt man sich, ob die These, die ja eigentlich von zynischer Überzeugungskraft ist, noch zutrifft.

Im Libanon ist ein Waffenstillstand in Kraft getreten, der gemeinhin die Vorstufe zum Frieden ist. Libanon ist ein schönes Land, das seit 50 Jahren nicht zur Ruhe kommt Es war schon immer schwierig genug, die einheimischen Kräfte – Drusen, Christen, Muslime – in politische Balance zu bringen. Zudem mischen immer schon fremde Staaten mit – Syrer und Iraner, Franzosen, Amerikaner und Israelis.

Die jüngste Invasion der israelischen Streitkräfte hat das Gleichgewicht verändert. Sie dauerte nicht lange an, darin lag eine gewisse Überraschung. Unter Vermittlung Amerikas kam der Waffenstillstand zustande. Präsident Joe Biden denkt an sein Vermächtnis und Donald Trump, sein zukünftiger Nachfolger, möchte möglichst keine Bürde im Nahen Osten übernehmen. Beide Herren waren sich ausnahmsweise mal einig.

Die Hisbollah soll sich binnen 60 Tagen hinter den Litani-Fluss zurückziehen. Ist diese Bedingung erfüllt, zieht sich Israel ebenfalls zurück, behält sich aber vor, wieder einzugreifen, sollte die Hisbollah gegen das Abkommen verstoßen. Den Waffenstillstand zu garantieren, ist der libanesischen Armee (nicht sehr schlagkräftig) überlassen. Auf Beobachtungsposten ist auch die Unifil, eine Mission der Uno, die seit dem Jahr 1978 im Land stationiert ist.

Im Nahen Osten ist Frieden nicht mehr als die Abwesenheit von Krieg. Da Krieg aber immer irgendwo anwesend ist, bleibt Frieden, der den Namen verdient hätte, eine Illusion. Zwischen zwei Kriegen. herrscht eigentlich immer nur eine Pause, mehr nicht. Im Libanon dürfte sich die Hisbollah auf mittlere Sicht neu gruppieren. Deren Schutzherr Iran wird seine Strategie überdenken. Und dann?

Im Windschatten des Libanon-Konflikts greifen in Syrien seit einigen Tagen die Rebellen in den Provinzen Aleppo, Idlib und Hama an. In Aleppo, der größten Stadt, flohen Polizisten, Sicherheitskräfte und Soldaten des Regimes. Jetzt  patrouillieren die Rebellen mit ihren Pickups und Motorrädern durch die Stadt, die von überlebensgroßen Postern des Präsidenten Baschar al-Assad geschmückt ist. Der Machthaber schickte zum ersten Mal seit dem Jahr 2016 wieder Flugzeuge, die Aleppo bombardierten.

Die Rebellen nutzen die Schwäche der beiden Länder, die Assad in jeder Hinsicht alimentieren: Iran und Russland. Dieser Krieg, der als Bürgerkrieg begann und alsbald  fremde Mächte anzog, ist 13 Jahre alt und  schien sich erschöpft zu haben. Wie sich erweist, schlief er nur, dieser Krieg, und erwachte nun.

Im Libanon herrscht Waffenruhe,  in Gaza nicht. Das liegt aus mehreren Gründen an Benjamin Netanyahu. Seine nationalreligiöse Regierung würde an einem Waffenstillstand mit der Hamas zerbrechen und der Premierminister vor Gericht landen. Deshalb wird dieser Krieg für Netanyahu zum Selbstzweck.

Der Krieg gegen die Ukraine weist Ähnlichkeiten mit dem Dauerkrieg im Nahen Osten auf. Wladimir Putin spricht der Ukraine das Existenzrecht ab, so wie Iran Israel dieses Recht abspricht. Außerdem ist es ein klassisch imperialistischer Krieg, da Russland Gebiete wiedererobern will, die mit dem Zerfall der Sowjetunion Unabhängigkeit erlangt hatten.

Seit einigen Wochen spricht Wolodynyr Selenskyi von einem Friedensplan, den er den westlichen Verbündeten als geheime Kommandosache vorstellte. Offenbar ist die Ukraine kriegsmüde geworden. Ihr fehlt es an vielem, vor allem an Soldaten. Die russischen Truppen rücken vor. Drohnen und Mittelstreckenraketen zerstören gezielt die Energieversorgung des Landes. Der Winter naht, der dritte Kriegswinter. Was tun?

Offenbar ist Selenskyi bereit, verlorene Gebiete verloren zu geben, ohne sie ganz aufzugeben. Dafür erhofft er sich, erbittet er, verlangt er Garantien vom Westen, damit Russland nicht morgen den Krieg wieder aufnimmt, um doch noch die ganze Ukraine zu erobern. 

Die Nato steckt im Zwiespalt. Länder wie Großbritannien, die USA und Deutschland haben jede Menge Rüstungsgüter für viele Milliarden Dollar geliefert, die USA hat sogar nach langem Zögern erlaubt, dass ihre Raketen auf russisches Territorium fliegen dürfen. Soll das alles umsonst gewesen sein?

Unter dem Aspekt der Moral ist die Aufnahme der Ukraine in die Nato nach geboten. Aber hat nicht die West-Drift der Ukraine und das Ausgreifen der Nato Putin den Vorwand zur Invasion geliefert?

Die Nato muss jetzt ihr Interesse definieren und die Grenzen der Aufnahme neuer Länder wie die Ukraine oder auch Georgien bestimmen. Wie stellt sie sich zu Putins Imperialismus? Dazu gehört die Einschätzung, was Putin nach einem Waffenstillstand vorhat. Die Reconquista geht, liest man seine Reden, vermutlich weiter. Nicht Moldau, aber die baltischen Staaten gehören der Nato an und haben ein Anrecht auf kollektive Verteidigung. Unter diesen Auspizien  liegt es nahe, auch der Ukraine Schutz zu gewähren, Schutz durch Aufnahme ins Bündnis.

Donald Trump hat einen General zum Bevollmächtigten für Verhandlungen mit Putin und Selenskyi ernannt. Er kann die Ukraine nicht abschreiben, indem er keine Waffen mehr liefert, wie er beabsichtigte. Denn damit wäre er der Verlierer, der er unter keinen Umständen sein will. Trump möchte, wie üblich, einen Deal machen. Aber was verlangt er Putin ab, was ist sein Preis für die Beendigung des Krieges?

Natürlich sind wir konzentriert auf Kriege in unserer Umgebung, was moralisch fragwürdig ist. Natürlich müssten wir, beim Nachdenken über Krieg und Frieden, den schrecklichen Bürgerkrieg im Sudan einbeziehen und auf die Drohungen Chinas gegenüber Taiwan und die Konflikte im südchinesischen Meer hinweisen. Hier schlummern neue Konflikte, neue Kriege.

Wir leben in einer Welt, der die Ordnung abhanden gekommen ist. Wäre schön, wenn kluge Historiker, die uns sagen, dass auch diese geschichtliche Phase irgendwann endet, bald schon recht behielten.

Veröffentlicht auf t-online.de, heute.

„Genug war genug“

Warum wechselt ein Mensch aus einem sicheren, interessanten Beruf in die Politik, die eine Schlangengrube sein kann? Oft fallen bei der Antwort ziegelsteinschwere  Großwörter wie Berufung und Gemeinwohl, früher kam Dienen hinzu – so beschreiben gelegentlich Männer ihre Anfänge, die sie zu Höherem führten, woran sie sich gerührt in ihren Memoiren erinnern. Auch Margaret Thatcher, die allererste Regierungschefin eines großen Landes, gehört in diese Reihe.

Angela Merkel ist zu sehr Protestantin, um sich überlebensgroß erscheinen zu lassen. Bei ihr war es Neugierde und eine maßvolle Abenteuerlust, so will sie verstanden werden. Wo das Neue mit solcher Wucht über ihr Land hereinbrach, beschloss sie, dort dabei zu sein, wo Geschichte entstand, chaotisch, wild und unberechenbar. Also fuhr sie nicht länger morgens um 6.30 Uhr mit der S-Bahn nach Adlershof in das Institut für Physikalische Chemie.  

Sie ließ die Wissenschaft und ihr monotones Leben hinter sich. Sie war 35 Jahre alt, nicht blutjung, aber jung genug für diese gravierende Veränderung und dabei charakterlich gefestigt. Falls sie nicht weit käme, dann blieb ja die Rückkehr an ein Institut, das sich mit Quantenchemie befasst. Ein überschaubares Risiko ging Dr. Angela Merkel ein. Sie war ja keine Romantikerin der Macht, die sich verströmen wollte. 

Ihre erste Station war der „Demokratische Aufbruch“, den der Pfarrer Rainer Eppelmann  mit gründete. Angela Merkel ging Ende November in die Parteizentrale und fragte: „Kann ich irgendwie helfen?“ Konnte sie. Ab dem 23. Januar 1990 war sie Pressesprecherin und damit Anlaufstelle für Journalisten, die aus dem Westen in die sterbende DDR eilten.

Ich habe sie damals kennengelernt, eine junge Frau mit großen, wachen Augen, die mich mit mildem Spott musterte. Sie beantwortete Fragen präzise. Ihre Stimme war hell; sie schraubte sie gezielt herunter, als es bergauf ging. Kein Wort zu viel verließ ihren Mund, an dem sich lange ablesen ließ, wie ihr zumute war, bis sie auch dieses verräterische Signalzeichen abstellte. Nicht im Entferntesten kam mir der Gedanke, sie könnte mich irgendwann regieren.

In ihren Memoiren, die heute erscheinen, schildert sie ihren Weg aus dem Osten in den Westen mal heiter und eindringlich, mal sachlich und kühl. Geradezu anrührend sind die Erzählungen über ihre Kindheit, die sie glücklich nennt. Die Mutter: ihr Anker. Der Vater: eine nicht ganz nahe Autorität. Ihr Zimmer mit Gaubenfenster im Dachgeschoss war ihre feste Burg. Geheizt wurde mit Kachelöfen. Einmal im Jahr stand Theaterbesuch an.

Vater Horst Kasner war Theologe und leitete das Pastoralkolleg im Templiner Waldhof. Dort trafen sich maßvoll  kritische Geister und Sinnsuchende, die es in der engen DDR schwer hatten. Freunde kamen und gingen. Ein geselliges Haus. Für Abwechslung war gesorgt, was der ältesten Tochter behagte. Sie schreibt, ihr Wesenszug sei Unbekümmertheit gewesen. Von ihrem Vater lernte sie, wie man angepasst und zugleich unangepasst sein konnte.

Auch später sind es Männer der Kirche, die zu ihren Lotsen werden. Als der „Demokratische Aufbruch“ in der CDU aufgeht,  empfiehlt Rainer Eppelmann sie weiter an Lothar de Maizière, der ein engagierter Christ in der DDR-Kirche gewesen war und nun erster frei gewählter Ministerpräsident in der Noch-DDR. So ist Angela Merkel mittendrin, als der Einigungsvertrag entsteht und auch bei den 2+4-Verhandlungen dabei, mit der die Alliierten die deutsche Wiedervereinigung besiegelten.

Was für eine persönliche Wende in so kurzer Zeit. Vom Rand der DDR mitten hinein in die Geschichte. 

Auf ihrer ersten Station in der Politik sind es Männer, die ihre schnelle Auffassungsgabe schätzen, ihre Effizienz, ihre Loyalität. Dazu gehört bald auch Helmut Kohl, der sie wie nebenbei gefragt habe: „Verstehst du dich mit Frauen?“ Sie wusste nicht, was gemeint war. Dann machte Kohl sie zur Ministerin für Frauen und Jugend. Damit wurde sie selber prominent und damit angreifbar. Sie galt als „Kohls Mädchen“, als die Ostfrau mit der Topf-Frisur, die keiner ernst nahm – so schrieben vorzugsweise westdeutsche Journalisten über Angela Merkel.

Diese Demütigungen klingen allenfalls in ihren Memoiren an. Sobald Politik zu ihrem Metier wird, lässt der leichte Ton nach. Nun muss man zwischen den Zeilen lesen, um sich ein Bild zu machen. Das Private bleibt bei Angela Merkel privat. Was sich wirklich im Gemüt abspielte, ist allenfalls wie durch Milchglas verschwommen zu erkennen. Einmal hat sie öffentlich geweint, im Kabinett, da war sie Umweltministerin und scheiterte mit einem Projekt, das ihr am Herzen lag. Einmal und nie wieder. 

Angela Merkel studierte die Männer um sie herum. Deren Vorteil, schreibt sie, liege in Körpergröße und Stimmlage. An Intelligenz und Denkschnelligkeit war sie ihnen überlegen, so selbstbewusst war sie nun. Sie lernte, nicht alles und jeden persönlich zu nehmen – eine Schwäche der Männer, ihrer Egozentrik geschuldet, findet sie. Nur in der Handhabung von Macht hatte sie auf dieser zweiten Station noch Defizite.

Kein Problem, denn den maximalen Machtmenschen hatte sie ja als Anschauungsobjekt direkt vor der Nase: Helmut Kohl. An ihm lernte sie Macht als entscheidende Kategorie kennen. Sie schließt das Drehen an den Fakten ein, die Manipulation mit gebeugter Wahrheit, das Besetzen der Begriffe. Natürlich erfasste sie auch den Sinn von Machtspielen, als zum Beispiel Helmut Kohl den Anschein erweckte, bald schon werde Wolfgang Schäuble sein Nachfolger. 

Politik war Angela Merkels Zweitstudium. Sie ging es systematisch an wie alles. „Politik ist kein Hexenwerk,“ schreibt sie, denn sie werde ja von Menschen gemacht. Das waren Erkenntnisse auf ihrer zweiten Station.

Macht wurzelt in der Partei und für sie musste man auch über Leichen gehen. Das war der Preis der Macht, was sie selbstmitleidlos zur Kenntnis nahm. Als noch jeder westliche Christdemokrat ihrer Generation – von Roland Koch über Christian Wulff bis Peter Müller –  Angela Merkel fahrlässig unterschätzte, da rundete sich schon nötige Rüstzeug ab.

Männer als Lotsen lagen jetzt hinter Angela Merkel. Es folgten die Männermorde. Sie lagen nicht in ihrer Natur, das nicht. Sie musste erst dazu reifen. Sie ergaben sich zufällig auf  dem Weg zur Macht. Die Männer boten ihr die Chance, sie abzuräumen. Dass ausgerechnet Helmut Kohl ihr erstes Opfer wurde, war ein Treppenwitz der Geschichte.

Wolfgang Schäuble war der zweite Leidtragende. In beiden Fällen traten die Schwächen der Starken zutage. Parteien brauchen immer Geld, sie sind immer in Not. Die Granden müssen helfen.

Bei Kohl waren es Spender, deren Namen er nicht nannte; für die CDU wurde er damit zur Belastung. Angela Merkel schrieb einem Artikel in der FAZ am 22. Dezember 1999, Überschrift: „Merkel: Die Zeit Kohls ist unwiederbringlich vorbei.“ Sie rief die Partei zur Emanzipation auf. Natürlich vollzog sie auch ihre persönliche Emanzipation von dieser Überfigur.

Nur zwei Monate später, am 16. Februar 2000, trat Wolfgang Schäuble als CDU-Vorsitzender zurück. Er hatte Jahre zuvor einen Koffer mit zwei Millionen Mark für die CDU entgegen genommen. Eine Vakanz entstand. Was tun?

Die CDU-Männer wollten Kurt Biedenkopf, damals Ministerpräsident in Sachsen, zum Übergangsvorsitzenden ernennen. Fast böse schreibt Angela Merkel, wie sie geschnitten wurde: „Frau und Osten – darum schien es zu gehen, am Schluss deutlich mehr als öffentlich zugegeben wurde.“ Sie kandidierte trotzdem und gewann. „Alles verlief wie im Rausch,“ schreibt sie. „Ich wusste kaum wohin mit meiner Freude.“ Endlich einmal durfte sie auf Selbstbeherrschung verzichten.

Sie war auf der dritten Station angelangt. Die Kanzlerschaft war war die fast zwangsläufige Folge – die vierte Station auf ihrem gar nicht allzu langem Weg.

Eine verschworene Truppe versammelte Angela Merkel um sich im Kanzleramt. Dazu gehörte Beate Baumann, ihre engste Vertraute und Co-Autorin an den Memoiren, und  Eva Christiansen, die Pressesprecherin. Dazu kamen Männer wie Ulrich Wilhelm und Steffen Seibert, ihre Sprecher, und Thomas de Maizière, die Allzweckwaffe. Nur mit Diskretion und Loyalität im engsten Zirkel würde sie die Schlangengrube überleben, das war Angela Merkel sonnenklar. Wer gegen die Gebote verstieß, wurde verstoßen.

CDU-Vorsitzende haben Quälgeister. Sie nisten in der CSU und machen ihre Partei durch Renitenz bedeutend. Helmut Kohl erlitt Franz Josef Strauß. Angela Merkel erlitt nacheinander Edmund Stoiber, Horst Seehofer und Markus Söder.

Ehe sie die vierte Station, das Kanzleramt, erreichte, musste sie einen Umweg nehmen. Im Jahr 2002 hatte sie noch keinen sichere Hausmacht in der Partei, die sie führte. Sie schien noch zu stoppen zu sein, hoffte Roland Koch genauso wie Christian Wulff. „Ganze Delegationen von CDU-Politikern“ seien zu ihr gekommen, so schreibt sie über ihre Lage damals, „um mich wieder und wieder zum Aufgeben zu bewegen. Mal einfühlsam, mal mit der Brechstange:“

Sie ließ es sich nicht darauf ankommen. Am 11. Januar 2002 um 8 Uhr morgens kam sie in Wolfrathshausen an und überließ Edmund Stoiber die Kanzlerkandidatur. Fast wäre Stoiber wider Erwarten Kanzler geworden. Union und SPD kamen auf je 38,5 Prozent, ein Unikum. Da aber die Grünen stärker waren als die FDP, konnte Rot-Grün weiterhin regeren.

Horst Seehofer verdankt Angela Merkel eine beispiellose Demütigung. Traditionell war sie Gast mit Rederecht auf dem Parteitag der CSU. Sie hielt am 20. November 2015 „eine kurze, lustlose Rede“, wie sie schreibt. Dann war Seehofer an der Reihe. Angela Merkel stand neben dem Rednerpult, in Erwartung netter Worte. Aber der CSU-Vorsitzende hob an und kanzelte sie wegen ihrer Flüchtlingspolitik und den Folgen ab. Er machte sie persönlich für die ungeordnete Immigration verantwortlich. Er erklärte sie für schuldig, dass rechts von der Union die AfD entstanden war. 

In ihren Memoiren schildert sie Seehofers Ausfall so: „Ich dachte: Hier stehst du jetzt als Parteivorsitzende, das ficht dich nicht an, das bekommst du hin. Welche Optionen hast du? Sollst du einfach gehen, wenn es gar kein Ende nimmt? Aber wer geht, ist immer im Unrecht, dachte ich und sagte mir schließlich: Es wird vorübergehen.“ 

Memoiren können todlangweilig sein, ausgewalzte Protokolle aus dem Leben eines Kanzlers. Angela Merkel quält uns damit nicht. Einzelne Passagen und Episoden lesen sich spannend und sind Zeugnisse ihres Kampfgeistes. Sie schreibt klare, nüchterne Sätze, kein Politiker-Deutsch. Sie lässt nichts aus und walzt auch nichts aus. Sie durchdenkt vieles und gesteht auch manches ein. Nur eine Untugend teilt sie mit anderen Memoirenschreibern: Wenn sie überhaupt Selbstkritik übt, ist sie dick in Watte gehüllt.

Über Wladimir Putin, schreibt sie, habe sie sich keine Illusionen gemacht. Leider folgte aber nichts daraus. Eine Konsequenz hätte ja die Wiederaufrüstung der Bundeswehr und die Wiederaufnahme der Wehrpflicht sein können.

Ja, schreibt sie, die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl sei ein Problem gewesen, aber eben auch ein Elixier für die deutsche Wirtschaft, die Sturm gelaufen wäre, hätte sie Nord Stream 2 gestoppt. Aus der Einsicht folgte aber nicht die Überlegung, ob es weise gewesen war, zum Beispiel die Atomkraft auslaufen zu lassen.

Die AfD ist der schwierigste Teil ihres Erbes. Sie verteidigt den humanitären Akt, der Deutschland gut angestanden habe. Dann aber ergeht sie sich ausnahmsweise in Selbstgerechtigkeit, indem sie Kritik an Regierung wie Union übt: „Die demokratischen Parteien haben großen Einfluss darauf, wie stark die AfD tatsächlich werden kann. Wenn sie annehmen, die AfD klein halten zu können, indem sie unentwegt über deren Themen sprechen und sie diese dabei am besten auch noch rhetorisch übertrumpfen wollen, ohne tatsächliche Lösungen für bestehende Probleme anzubieten, dann werden sie scheitern.“ 

Hat sie nichts mit dem Auftauchen der AfD zu tun? Ist die AfD nicht nach 2015 von einer Anti-Euro-Partei zu einer nationalkonservativen Partei mit revisionistischem Geschichtsbild geworden? Die AfD ist die blinde Stelle in den Memoiren der Altkanzlerin. Ihre Verächter werden sich darauf stürzen.

Am 2. Dezember 2019 endete der Ausflug in die Politik offiziell mit einem Großen Zapfenstreich. In ihrer kurzen Rede zog Angela Merkel ein persönliches Resümee: „Wenn ich heute vor Ihnen stehe, empfinde ich vor allem Dankbarkeit und Demut.“

Sechs Tage später räumte die Kanzlerin ihren Schreibtisch. Sie habe an diesem Tage „Fröhlichkeit im Herzen“ getragen, schreibt sie in ihren Memoiren. Denn: „Genug war genug.“ 

Veröffentlicht auf t-online.de, heute.

Merz ist die Brandmauer

Wer über die SPD schreiben will oder muss, steht vor der Entscheidung, entweder Sarkasmus walten zu lassen über ihre ewige Zerrissenheit oder den Niedergang dieser ältesten deutschen Partei als Tragödie zu sehen, auch für die Nachkriegsdemokratie. Ich tendiere zur Tragödie.

Kennzeichen einer Volkspartei sind 40 Prozent. Die SPD drang zuletzt 1998 mit Gerhard Schröder in diese Sphäre vor; dieser Kanzler verabschiedete sich im Jahr 2005 mit 34,2 Prozent. Bald fiel die SPD in die 20er-Marke zurück. Im Jahr 2017 war sie mit 20,5 Prozent am Tiefpunkt angelangt; der Kanzlerkandidat hieß Martin Schulz.

Aber wie erleichtert wäre die SPD, wenn sie am 23. Februar 2025 mehr als 20 Prozent bekäme. Was wäre sie selig, wenn sie besser abschneiden dürfte als die AfD, denn ihr Alptraum ist es, dass sie hinter diese nationalkonservative Partei zurückfällt.

Das Argument für Boris Pistorius lautete ja, dass er populär ist und folglich mehr Stimmen auf sich ziehen kann. Das Gegenargument war aber auch nicht zu verachten, weil Pistorius als Verteidigungsminister einen Bonus hatte, der ihm als Kanzlerkandidaten rasch abhanden kommen kann. Auch Martin Schulz war anfangs als Abkömmling des Europa-Parlaments ungemein beliebt, bis er es nicht mehr war.

In Wahrheit steckte die SPD nicht nur deshalb in der Zwickmühle, da Olaf Scholz wie selbstverständlich den Anspruch erhob, als Kanzler auch der Kandidat zu sein. Pistorius hingegen wollte nicht sein, was ihm nicht kampflos zufiel. Folglich zieht die SPD mit dem unbeliebtesten Kandidaten, der sich denken lässt, in den Wahlkampf.

Daran fällt zweierlei auf: Erstens zermartert sich die SPD, wer es machen soll, als hinge alles von der Person ab – als wäre sie so etwas wie das BSW mit ihrem Personenkult. Zweitens ist nicht annähernd geklärt, wofür die SPD steht, was sie will. Sie gibt nach wie vor keinen Grund zu erkennen, weshalb mehr als die allertreuesten Wähler für sie stimmen sollten.

An einem Mangel an Klarheit litt die Ampel auch deshalb, weil die SPD am Mangel an Klarheit krankte. Anfangs wollte sie, was die Grünen wollten – ökologische Transformation der Gesellschaft. Dann wollte sie, was die FDP wollte – solide Finanzen. Und der eigene Beitrag konzentrierte sich auf Markus Heil, der immerhin eine Vorstellung davon hat, wofür die SPD in der Regierung saß. Der Mindestlohn war überfällig. Übrigens wollte schon Gerhard Schröder seine prokapitalistischen Reformen damit verbinden, scheiterte damals aber an den Gewerkschaften.

Heil ist auch das Bürgergeld zu verdanken. Dabei geht es nicht nur um viel Geld, sondern auch um ein Menschenbild. Der Empfänger von Bürgergeld aus SPD-Sicht ist ein guter Mensch, der Dankbarkeit zeigt und sich, großzügig alimentiert, um so mehr darum bemüht, einen Job zu finden. Dass der Bürgergeld-Bedachte sich fragen könnte, ob Arbeit sich lohnt, wenn doch der Staat so freundlich ist, ihm Geld zu schenken, von dem sich leben lässt, ist eigentlich in Heils Weltbild nicht vorgesehen.

Was von der SPD in der Ampel-Regierung haften bleibt, ist die Reduktion auf den Wohlfahrtsstaat. Nebenher läuft die Tradition der Entspannungspolitik, die inzwischen auf einen undefinierten Pazifismus zusammen geschnurrt ist. Dazu kommt ein schlechtes Gewissen, weil es ihr an Kraft und Willen fehlt, sich dem Rechtsdrall im politischen System zu widersetzen.

Da es der SPD an Ideen fehlt, fehlt es ihr an Anziehungskraft in das Bürgertum hinein. Ohne die Mitte der Gesellschaft sind aber 30 Prozent eine Utopie. Die alte Arbeiterpartei kann sie nicht mehr sein, Ersatz findet sich nicht leicht. Der Wohlfahrtsstaat saugt sehr viel vom Bundes-Budget ab. Was der Staat aber einmal gewährt hat, kann er nicht zurücknehmen, siehe 49-Euro-Ticket.

Die SPD-Führung ist ratlos. Und die Besserwisser von gestern kritisieren mit Vergnügen das Durcheinander von ihren Aufsichtsratposten aus, wie zum Beispiel Sigmar Gabriel, einst Vorsitzender, der jedoch die Kanzlerkandidatur scheute.

Was tun? Die Grünen sind eigentlich der natürliche Partner, weil sie im Wesentlichen aus der SPD hervorgingen. Ökologie könnte der Anker sein, ist es aber nicht mehr seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine. So sind Grüne und SPD zwei Waidwunde nach drei Jahren Ampel.

Anderen Partei fehlt es nicht an Klarheit. Die Grünen haben nach wie vor ihren festen Kern in der ökologischen Transformation. Die AfD strebt den antidemokratischen Umbau von Politik und Gesellschaft an. Der BSW ist eine pro-russische Appeasement-Partei. Die CDU/CSU wiederum liegt gut im Wind, auch wenn man noch nicht weiß, was sie anders machen will.

Der beste Grund, CDU und CSU zu wählen, ist die Ablösung der fahrigen, uneinigen Ampel. Dabei tritt die Union mit einem Kandidaten an, der keineswegs beliebt ist, was ihn auf eine Stufe mit Olaf Scholz stellt. Aber am 23. Februar kommt es weniger auf Personen an. Merz wird Kanzler, weil seine Doppelpartei von den Wählern stark gemacht werden wird – um der Stabilität im Land willen. Sein Auftrag lautet, so gut zu regieren, dass die AfD geschwächt wird, indem übergelaufene CDU/CSU-Renegaten zurückkommen.

Am 23. Februar dürfte die Tragödie der SPD ihre Fortsetzung finden. Wahrscheinlich bleibt sie diesmal unter 20 Prozent. Der Hader, wer daran schuld ist, dürfte nahtlos weitergeht. Nach aller Erfahrung muss nach einer krachenden Niederlage die Führung zurücktreten und sich eine jüngere, kreative finden. Findet sie sich?

Taugt eine Partei ohne innere Mitte zum Koalitionspartner? Ist Merz zynisch, wird er sich sagen, eine schwache SPD fügt sich mir leichter als eine starke. Ist er realistisch, macht er einen Bogen um eine Partei, die gegen das Regieren immer auch opponiert.

Unsere Demokratie ist zweifellos an einem kritischen Punkt angelangt. Ihr kommt mit der SPD eine tragende Säule allmählich abhanden. Machtwechsel hieß bisher immer, dass ein SPD-Kanzler einem Unions-Kanzler folgte oder umgekehrt. Schon wahr, es gibt nur 4 sozialdemokratische Kanzler mit Willy Brandt, Helmut Schmidt, Gerhard Schröder und Olaf Scholz,  die lediglich 23 von 75 Jahren regierten. Aber die SPD blieb lange Zeit in Reichweite der Macht und in jedem Fall eine Opposition, mit der zu rechnen war. Damit ist es wohl vorbei.

Heute ist die Union die letzte Säule der Republik, wie wir sie kennen. Auf Friedrich Merz gemünzt, der gerne Brandmauern errichtet, könnte man sagen, er ist selber die Brandmauer. Versagt er, ist es gut möglich, wenn nicht wahrscheinlich, dass Deutschland den italienischen Weg geht und eine nationalkonservative Frau wählt, die einer Partei mit lockerem Verhältnis zum Nationalsozialismus angehört.

Veröffentlicht auf t-online.de, heute.