Der Trainer, ratlos

Gestern habe ich mir in einem italienischen Restaurant um die Ecke das Spiel gegen Ungarn angeschaut. Aus dem Staunen kam ich kaum heraus. So beherzt und geschickt wie die Ungarn hat vor ein paar Jahren Island gespielt. Und so ideenlos und ineffektiv wie diesmal spielte Deutschland in den letzten Jahren oft.

Dieses Turnier ist wie jedes große Turnier die Arena der Trainer. Roberto Mancini formt aus Nicht-Stars eine hochwertige Mannschaft. Gareth Southgate lässt sich nicht beirren, stärkt die Defensive und bringt Sanchez und Bellingham in den letzten 10, 15 Minuten. Kasper Hjulmand hat wahre Wunder an Einfühlungsvermögen und Motivation vollbracht. Roberto Martinez bleut de Bruyne etc. ein, dass sie diesmal den Titel gewinnen oder als trphäenlose goldener Jahrgang in die Geschichte eingehen werden.

Womit wir bei Jogi Löw sind. Das Angriffsspiel gegen Ungarn lief einseitig über rechts, wo Kimmich und Ginter sich den Ball zuschoben, ehe Ginter ihn auf Hummels zurückspielte, der ihn Ginter gab und der wieder Kimmich. Und hin, und her. Gosens verkümmerte auf links, was erstaunlich war, denn über ihn war das Spiel gegen Portugal gefährlich geworden. Daran änderte sich über 90 Minuten nichts. Gnabry und Sané wuselten und wuselten und waren selten dort, wo es hätte gefährlich werden können. Kam Havertz an den Ball, keimte Hoffnung. Toni Kroos suchte und suchte und fand keinen Anspielpartner in aussichtsreicher Position. Bis ihm die Hutschnur platzte und er selbst in den Strafraum stürmte, einen Doppelpass mit Gosens spielte und fast ein Tor geschossen hätte.

So also ging es, so also wäre es gegangen. Wenn der Trainer unfähig oder unwillig ist, die Taktik zu ändern, dann hilft nur Eigeninitiative. Was schief lief, konnte jedermann sehen. Wie es besser werden konnte, wusste der Trainer dort draußen nicht. Jogi Löw kann nur Auswechslung und das massiv. Warum er Havertz gleich nach dem Tor herausnahm, bleibt sein Geheimnis. Wollte er ihn persönlich beglückwünschen? Müller, Musiala und Volland reinzuwerfen, entsprang Verzweiflung, nichts sonst. Irgendwie werden sie einen reinkriegen, irgendwie: Das ist die Logik. Und irgendwie brachten sie einen Schuss rein, mit schierer Gewalt, dank Goretzka.

Wenn die Mannschaft vieles richtig macht, muss der Trainer nichts ändern. Wenn die Mannschaft vieles falsch macht, sollte der Trainer was ändern. Wenn der Trainer aber keine Einfälle hat, läuft vieles bis zur 90. Minute ungebrochen falsch weiter. Und wenn schon Auswechslung der Weisheit letzter Schluss sein soll, dann wäre Sané der ideale Kandidat gewesen. Als drei Deutsche nur noch zwei Ungarn ausspielen mussten und das dritte Tor praktisch schon gefallen war, gelang ihm eine Flanke an allen vorbei. Als er eine Ecke schießen musste oder durfte oder wie auch immer, landete sie im Nirgendwo. Als er zurückeilte, beging er Hand knapp vor dem Strafraum. Alle Anzeichen standen darauf, dass ihm an diesem Tag nichts glückte. Es gibt solche Tage, aber warum wurde Sané nicht erlöst?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Deutschland England schlagen wird und dann zumindest ins Halbfinale vordringt. Zum Mangel an Stabilität kommt ja Glück in der Auslosung hinzu. Dann aber, im Halbfinale, wird es wieder auf die Trainer ankommen und dann wird die deutsche Mannschaft wieder arm dran sein.

Unterfordern oder überfordern

Die Union hat sich in altbewährter Manier ein Programm gegeben, mit dem sie die Bundestagswahl gewinnen will. Wer ein altersbedingt längeres Gedächtnis besitzt, hätte es selber schreiben können. Maß und Mitte. Sowohl als auch. Ein bisschen von allem. Allen wohl und niemandem wehe.

Das Land modernisieren ja, aber weder zu viel noch zu schnell. Digitalisierung ja klar, vielleicht auch keine Kurzflüge mehr, da ist die Union offen. Beides drängt sich auf und deshalb ist es ungefährlich, dafür einzutreten. Vor allem aber, liebe Mitbürger: keine Steuererhöhung, sogar Entlastung für kleine und mittlere Einkommen und Vorzugsbehandlung für Unternehmensgewinne, die im Unternehmen bleiben.

Wer es genauer wissen möchte, wie es nach der Pandemie und Angela Merkel weitergehen wird, dürfte sich unterversorgt fühlen, um das Mindeste zu sagen. Weder zu den Trassen aus dem Norden des Landes in den Süden noch zu Nord Stream 2 liest man Genaueres. Mit Erdogan soll kritisch und konstruktiv geredet werden – ach wirklich? Und war nicht gerade eben Joe Biden auf dem Kontinent und überbrachte ein paar bedenkenswerte Botschaften, China und Russland betreffend?

Vielleicht hatten CDU und CSU das Programm zu diesem Zeitpunkt schon geschrieben. Vielleicht wollten die Herren Laschet und Söder keinesfalls ins Weite schweifen. Das wäre zwar dringend notwendig, aber in einem Wahlkampf nicht ungefährlich. Zu den ehernen Überzeugungen gehört es, dass man von der Außenpolitik bei Wahlen die Finger lassen soll. Also bleiben Laschet und Söder lieber im Lande und halten sich an das Althergebrachte. 

Haben sie Recht? Für mich liegt die Spannung darin, ob es eine Wahl wie jede andere sein wird, trotz Pandemie und Kanzlerinnenabschied, oder diesmal eben doch andere Bedingungen herrschen. Wir wissen ja, dass es absehbar um Grundsätzliches geht, in Deutschland, in Europa und der Welt. Im Verhältnis von Ökologie und Ökonomie. Im Umbau der Industriegesellschaft und der Energieversorgung.

Ziemlich viel auf einmal, stimmt schon. Ist aber eben so.

Vielleicht gibt es sogar eine erkleckliche Zahl an Bürgern im Land, vor allem unter den Jung- und Erstwählern, die ernsthaft Antworten auf das Grundsätzliche erwarten. Vielleicht haben sie in der Pandemie Zutrauen zum Staat gewonnen haben, der nicht alles, aber einiges richtig gemacht hat. Gut möglich, dass sie sich eher vom Staat als vom Markt erhoffen, das Notwendige zu tun. 

Im Kern geht es am 26. September darum, ob die Grünen mit ihren zwar maßvollen, aber ehrgeizigen Zielen den Nerv der Zeit treffen, oder die Union mit ihrer Beschwichtigung, dass Stabilität wichtiger ist als Modernisierung.

Überforderung oder Unterforderung, das ist die Frage.

Armin Laschet wirkte bei der Vorstellung des Programms massiv zufrieden. Die despektierlichen Bemerkungen in den Medien und aus Bayern sind erst einmal verstummt. Auch Friedrich Merz schießt momentan nicht quer. Markus Söder säuselt, weil er nicht schuldig zu sein begehrt, falls es am 26. September schief gehen sollte.

Die CDU ist wie ein stiller See. Die CSU hält an der Mütterrente fest, na gut, aber in entspanntem Ton. 

Die Union ist eine Organisation zum Zwecke der Erhaltung der Macht und deshalb tendiert sie ab jetzt zu Ruhe und Frieden. Schafft es Laschet, ist er der Größte. Und es sieht gut aus, dafür spricht die Arithmetik plus einige rote Linien, die jede Partei gezogen hat.

Kein Bündnis gegen die Union: das ist tatsächlich der allerwichtigste Programmpunkt. Mit der Linken, die aus der Nato aussteigen will, kann niemand regieren. Also fällt Rot-Rot-Grün aus. Die FDP, die durch Mangel an Auffälligkeit in den Umfragen zulegt, hat vorsorglich angekündigt, sie werde Annalena Baerbock nicht zur Kanzlerin wählen. Also scheidet auch Grün-Rot-Gelb aus.

Bleibt Schwarz-Grün. Bleibt ein Kanzler Laschet. Nicht zufällig holt er auf, nicht zufällig fallen die Grünen leicht zurück. Nichts davon aber ist in Stein gemeißelt. Was heute richtig war, kann in ein paar Wochen falsch sein. Wer heute eine gute Phase hat, kann morgen eine schlechte haben. Wahlkämpfe sind unberechenbar und natürlich sind auch die Wähler unberechenbar.

Jetzt beginnt erst einmal die Ferien- und Urlaubszeit. Das Private übernimmt. Die Politik rückt weiter weg. Vieles können wir nachholen, was uns verwehrt geblieben war. Und erst Anfang September beginnt dann der wirkliche Wahlkampf. Schau mer mal, ob die Deutschen wirklich Unterforderung vorziehen.

Veröffentlicht auf t-online.de, heute.

„Amerika würde Russland am liebsten links liegen lassen, kann es aber nicht“

Interview mit Wolfgang Ischinger, dem Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, über Joe Biden und wie er die Welt sieht

t-online: Herr Ischinger, Joe Biden trifft am Dienstag den Mann, den er einen Mörder genannt hat. War es sinnvoll, dass er soweit ging?

Ischinger: Na ja, derartige Beschimpfungen, öffentlich vorgetragen, mögen aus innenpolitischen Gründen vorteilhaft sein, aber außenpolitisch sind sie es natürlich nicht. Sie hinterlassen zweifelsohne Spuren, zumal das Verhältnis zu Russland ohnehin schwierig genug ist.

Eigentlich ist es sogar zerrüttet: wegen der Einmischung in die Präsidentenwahl, wegen der Hacker-Angriffe, wegen der Krim und der Ukraine, wegen Belarus. Natürlich ist es richtig, miteinander zu reden und nicht andauern übereinander. Aber was kann man von diesem Treffen erwarten?

So ist es, und deshalb rate ich dazu, die Erwartungen niedrig zu hängen. Einiges wäre schon gewonnen, wenn die beiden Präsidenten ihren Außenministern Arbeitsaufträge erteilten, damit das Verhältnis auf eine veränderte Grundlage gestellt würde. Das wäre schon was, das wäre schon besser als, das was wir haben. Damit wäre etwas gewonnen.

Joe Biden hat gesagt, er würde Putin klarmachen, dass er einen Wandel im Verhalten erwarte, denn sonst „wird es Antworten geben“. Was wären die richtigen Antworten?

Biden beabsichtigt Angebote zu unterbreiten, die angenommen werden oder nicht. Werden sie es nicht, geht es weiter wie zuletzt, dann blieben zum Beispiel schmerzhafte Sanktionen gegen Geschäftsleute oder Politiker, die Wladimir Putin stützen und unterstützen. Das gilt vor allem für russische Oligarchen.

Erwarten Sie denn, dass Putin sein Verhalten ändert? Aus seiner Sicht ist es doch erfolgreich.

Ich befürchte, da haben Sie einfach Recht und Wladimir Putins Neigung, sein Verhalten zu verändern, was der amerikanische Präsident ihm abverlangen möchte, ist nicht besonders groß.

Ist denn Wladimir Putin überhaupt an einem stabilen, berechenbaren Verhältnis zu Amerika interessiert?

Sein primäres Ziel ist defensiv. Ihm liegt an Machterhalt und Konsolidierung des „Cordon sanitaire“ um Russland herum. Dieser Cordon reicht von Kasachstan bis zu Belarus. Dazu gehört im Inneren die Repression gegen alles, was der Kreml als Opposition definiert. Die Macht könnten Farbenrevolutionen wie in der Ukraine im Jahr 2014 beeinträchtigen oder gar bedrohen. Und hinter diesen Revolutionen in der Ukraine oder Georgien vermutet Wladimir Putin immer den Westen, immer Amerika.

Russland hat das Vakuum besetzt, dass Amerika hinterlassen hat, zum Beispiel in Syrien, und es fördert die iranische Atompolitik – er stellt sich auf der Seite der Feinde Amerikas.

Aus Putins Sicht bietet die Welt diesen Anblick: Das westliche System aus Demokratie und Wohlfahrtsstaat ist dekadent und überholt. Deshalb handelt er so, wie er handelt. Die Feinde seines Feindes sind seine Freunde. Dabei könnten Putin allerdings zwei Fehleinschätzungen unterlaufen: Er könnte Russland überschätzen und den Westen unterschätzen. Wir dürfen nicht vergessen, dass ja das russische Bruttosozialprodukt kleiner ist als das Italiens.

Wie wichtig ist eigentlich Russland für Amerika, strategisch betrachtet?

Russland ist als Nuklearmacht Amerika ebenbürtig und damit von enormer Bedeutung – aber eben nur in dieser Funktion. Ansonsten ist Russland aus amerikanischer Sicht vor allem ein permanenter Störenfried, der sich in Vakanzen drängt und zu schaden versucht, wo immer er schaden kann. Amerika würde Russland am liebsten links liegen, kann es eben aber nicht.

Und wie wichtig ist Europa für Amerika, strategisch betrachtet?

Die klugen und erfahrenen Amerikaner wissen, dass Europa zwar öfter mal störrisch ist, aber im Kern doch auch der verlässlichste Partner seit vielen, vielen Jahrzehnten. Aus diesem Grund wird Präsident Biden Europa strategisch nicht links liegen lassen, auch wenn sein Hauptaugenmerk von jetzt an auf China liegt. Das kann man gar nicht ernst genug nehmen, denn die Maxime seiner Außenpolitik ist: China, China, China!

Welche Botschaften hat der amerikanische Präsident auf dem G-7-Gipfel in Cornwall Europa überbracht?

Die wichtigste lautet: America is back! Ihr könnt wieder auf uns vertrauen, auf uns setzen! Amerika will die westlichen Demokratien im heraufziehenden Systemwettbewerb mit China und anderen autoritären Mächten anführen.

Es ist ja keine Neuigkeit, dass Europa mehr Verantwortung übernehmen sollte – und Europa muss es ja auch, will es ernst genommen werden. Haben Sie den Eindruck, dass Biden Nachdruck erzielt hat?

Das hat er ohne Zweifel, aber Europa braucht leider seine Zeit, weil es störrisch ist und sich mit der Einsicht in die Notwendigkeit schwer tut, die „Sprache der Macht“ zu lernen, wie es Amerika ihm aufgibt. Die Einsicht muss schnell wachsen, denn sonst wird Europa von der globalen Rivalität der Großmächte an die Wand gedrückt. Dazu gehört in Zukunft, dass Europa sich in Zukunft eng mit Demokratien weltweit strategisch abstimmt – nicht nur mit den USA und Kanada, sondern auch mit Australien und Südkorea, aber auch mit Indien.

Biden erpresst seine Verbündeten nicht, er bittet und beschwört sie. Ist diese Methode aussichtsreicher als Trumps?

Ja, klar, selbstverständlich. Erpressung erschüttert und zerstört auf Dauer jedes Vertrauensverhältnis. Vertrauen ist in jeder Hinsicht besser, auf Vertrauen kommt es im Verhältnis demokratischer Staaten zueinander entscheidend an.

Der deutsche Außenminister schlägt vor, das Vetorecht für die europäische Außenpolitik zu streichen. Recht hat er damit, aber bekommt er auch Recht?

Ich fordere diese Reform schon lange an. Durchsetzen lässt sie sich jedoch nur Schritt um Schritt. Auch diese Veränderung ist übrigens eine Sache des Vertrauens. Die kleinen Länder der Europäischen Union befürchten ja, sie würden von den Großen untergebuttert, sobald sie ihr Vetorecht aufgeben.

Ungarn spielt immer wieder den Beelzebub und blockiert Beschlüsse, vor allem wenn sie China berühren. Viktor Orbán macht keinen Hehl aus seiner Geringschätzung für Europa. Ist es sinnvoll, so ein Mitgliedsland in der EU zu halten?

Ja, es ist sinnvoll, da Ungarn ein wichtiges Land für die Europäische Union darstellt. Viktor Orbán wird nicht ewig regieren. In solchen Fällen braucht die Europäische Union strategische Geduld und dazu rate ich ihr.

In Cornwall war Angela Merkel zum letzten Mal dabei. Hochgeachtet ist sie – auch deshalb, weil sie Deutschlands Interessen verhalten vertrat, auf Konsens bedacht?

Na ja, manche Länder sehen die Kanzlerin anders, sogar als jemanden, der deutsche Interessen massiv durchsetzte. Richtig ist allerdings, dass es mit Angela Merkel nie lauten öffentlichen Streit gab. Man kann seine Interessen offenbar auch anders wahren, das ist mehr als eine Stilfrage. International hochgeachtet ist die Kanzlerin auch aus einem anderen Grund: Auf ihr Wort war Verlass, und das 16 Jahre lang!

Ihre Maxime lautete etwa so: nichts beschönigen, aber auch nicht die Konfrontation suchen. Menschenrechte sind wichtig, aber sollten den Handel nicht beeinträchtigen. Würden Sie diese deutsche Haltung auch dem nächsten Kanzler/der nächsten Kanzlerin ans Herz legen?

In der Außenpolitik ist es die schwierigste Aufgabe überhaupt, die richtige Balance zwischen realpolitischer Interessenwahrnehmung und der Verteidigung westlicher Werte zu finden. Mein Rat wäre, Menschenrechte stets gemeinsam in der Europäischen Union zu thematisieren und zu vertreten. Wenn ein Bündnis, das 450 Millionen  Menschen umfasst, mit einer Stimme Missstände in der Welt kritisiert, egal wo, dann hat das Gewicht und ist nicht so leicht zu ignorieren.

Deutschland soll und will ja mehr Verantwortung in der Welt übernehmen.  Was heißt das konkret für das Verhältnis zu China?

Deutschland soll, erstens, Führungskraft in der EU zeigen und auf eine kohärente Strategie in der Außenpolitik dringen. Und zweitens soll Deutschland diese Strategie zum Gegenstand transatlantischer Koordinierung machen. An nationale Alleingänge denkt ja niemand, der von Deutschlands eine größere Rolle erwartet.

Heißt das gegenüber Russland ein Moratorium auf unabsehbare Zeit für Nord Stream 2 – für die Gasleitung durch die Ostsee nach Lubmin?

Meiner Meinung nach sollte der Ball nach Russland gespielt werden. Die Botschaft müsste lauten: Die Gasleitung von Nord Stream 2 wird erst dann geöffnet, wenn Russland die Rahmenbedingungen dafür schafft, dass zum Beispiel das Europäische Parlament seine ablehnende Haltung ändern kann. Dazu könnte zum Beispiel die Freilassung Alexej Nawalnys zählen.

Heißt das Rückzug aus Afghanistan und Fortsetzung des Einsatzes in Mali?

In Afghanistan war Deutschland nur eine Hilfstruppe Amerikas. Deshalb heißt es: rein mit ihnen, raus mit ihnen. Allein könnte die Bundeswehr ja nicht mal unsere Soldaten logistisch und strategisch betreuen und schützen. In Mali liegt der Fall anders. Dort müssen wir gemeinsam mit Frankreich klären, ob und wie ein gemeinsamer Einsatz längerfristig sinnvoll ist. 

Lassen Sie uns zum Schluss kurz in die Ferne schweifen: Wie sehen die Verhältnisse in dreieinhalb Jahren am Ende der Amtszeit Joe Bidens aus – wie stark ist Amerika, Europa, China?

Das wichtigste Ziel wird sein, dass es keinen zweiten Trump oder Trump zum zweiten Mal nach Biden gibt. Deshalb eröffnet sich für Europa eine neuartige Aufgabe, nämlich sich aus eigenem Interesse massiv für den Ausgang der nächsten Präsidentschaftswahl zu engagieren. Außerdem hoffe ich, dass es bis 2023 eine effektive transatlantische Koordinierung für den Umgang mit China geben wird, und dass sich Amerika weiterhin in Europa engagiert. Strategische Autonomie, wie es einige sich hierzulande wünschen, klingt gut, aber solange wir uns mit Autokraten wie Wladimir Putin auseinandersetzen müssen, wäre es schon beruhigend, Amerika an unserer Seite zu wissen.

Veröffentlicht auf t-online.de, gestern.

Wähler wie Wanderdünen

Sachsen-Anhalt ist eine Wundertüte. Nie weiß man, was heraus kommt, wenn dieses kleine Land mitten in Deutschland wählt. Die Wähler gehen härter als anderswo nach dem Prinzip Belohnung und Bestrafung vor. Nie kann der Ministerpräsident sicher sein, ob er abstürzt oder hochschießt. Es war kein Zufall, dass Reiner Haseloff nach seinem Wahlsieg eher ermattet als glücklich aussah. Wie einer, der das Schlimmste befürchtet hatte und jetzt fürs Freuen zu erschöpft ist.

Alle Parteien, von SPD über Grüne bis zur Linken und AfD, haben Wähler an die CDU abgetreten. So wurde dieser gärige Haufen aus 6135 Christdemokraten, in dem nicht wenige Parteifreunde von der Versöhnung des Sozialen mit dem Nationalen faseln und von der AfD mit bloßem Auge nicht zu unterscheiden sind, fast in die hohe Sphäre einer Volkspartei katapultiert. Paradoxer sind Wahlen selten.

Der Westen schaut vor Landtagswahlen immer mit großen Augen auf den Osten und erwartet Übles. Die Mutmaßungen, die er anstellt, sind selten erhellend. Regelmäßig enden sie in Trauerbekundung über das Demokratiedefizit als Erbmasse der DDR. Teile der Ostbevölkerung seien für die Demokratie verloren, meinte kurz vor der Wahl Marco Wanderwitz, den die Bundesregierung als Ostbeauftragten angestellt hat.

Wanderwitz könnte es wissen, er stammt aus Chemnitz. Er gehört der CDU an. Hat er Recht? Eigentlich nicht, sofern man diese Wahl ernst nimmt, bei welcher der Abstand zur AfD auf rund 16 Prozentpunkte angewachsen ist. Interessant ist aber, wieviel Misstrauen die Exponenten der Regierungspartei CDU dem Wahlvolk entgegenbringen.

Sie trauen ihm alles zu. Sie haben Erfahrung mit ihm. Die Botschaft der Wähler ist fast immer: In uns habt ihr niemanden, auf den ihr bauen könnt.

Warum ist das so? Versuch einer Annäherung in drei Punkten.

1.) Die Wählerbindung im Osten war von Anfang an schwach ausgeprägt. Am Anfang versprachen sich die Wähler am meisten von der CDU und Kanzler Kohl. Also wählten sie in der Nachwendezeit zweimal hintereinander dessen Statthalter. Als die Arbeitslosigkeit explodierte, kam die SPD ans Regieren, die auch bald bestraft wurde. Nun blühte die Linke als Kummerkasten für die Zukurzgekommenen aus der untergegangenen DDR auf, die sich alles anders vorgestellt hatten. Nach dieser Phase war die AfD an der Reihe. Sie ist der rechte Kummerkasten für das große Dagegen und redet fast genauso einfühlsam über das Leid des Ostens wie die nutzlos gewordene Linke.

Wahlen in Sachsen-Anhalt sind wie Wanderdünen. Wohin sie wandern, weiß niemand.

2.) Betrachtet man das Wahlergebnis neutral, könnte man meinen, dass die Regierung Haseloff für gute Arbeit belohnt worden ist. Gründe dafür gibt es genug: Im Jahr 2005 lag die Arbeitslosigkeit bei erbarmungswürdigen 20,2 Prozent, heute bei 7,7 wie in Nordrhein-Westfalen. Außerdem hat das kleine Land seit dem vergangenen Jahr die beste Wirtschaftsentwicklung unter sämtlichen Bundesländern genommen. Ökonomisch steht es mit seinen rund 2,2 Millionen Einwohnern erstaunlich gut da.

Allerdings ging es im Wahlkampf nicht um Fakten. Es ging zuerst und zuletzt um die AfD und das hochambivalente Verhältnis der CDU zu ihr. 

3.) Zu den viel zitierten Brüchen und Frakturen, die in Sachsen-Anhalt zu besichtigen sind, gehört das Schrumpfen. Im Jahr 1990 lebten noch 2,873 Millionen Menschen hier. Seither sind fast 7 Millionen weggegangen, in den Westen, wohin denn sonst. Ein Schwund, der sich zwangsläufig sozial und mental auswirkt. Wenn die Beweglichen, die keine Angst vor Neuanfängen haben, einfach aufbrechen, müssen sich die Daheimgebliebenen zumindest vor sich selber rechtfertigen. Sie errichten dann Mauern: gegen die Elite aus dem Westen, gegen die EU, gegen Ausländer und Flüchtlinge. Am Mauerbau beteiligt sich vorneweg die AfD, aber auch Teile der Linken und der  CDU mischen mit.

Als Stimmungstest für die Bundestagswahl taugt Sachsen-Anhalt nicht besonders gut. Dafür ist das Land zu klein und nicht bedeutsam genug. Dennoch wird es ein paar Tage lang zum Symbol hochgeredet werden, so ist das nun mal. Dann kommen die Ferien und danach wird er losgehen, der Kampf für eine Bundestagswahl mit großen Besonderheiten.

Veröffentlicht auf t-online.de, heute.

Was zum Hören und Lesen: Joan Baez

In den frühen sechziger Jahren waren Joan Baez und Bob Dylan ein Paar. Sie war schon berühmt, er nicht. Sie holte ihn auf die Bühne, er sie nicht, als er wenig später durch England tourte und sie mitkam. In Martin Scorseses Film über die Rolling Thunder Revue 1975 singen die beiden großartig zusammen und von ihr, der kontrollierten Frau, sind Aufnahmen zu sehen, wie sie wild und tanzt und hat Spaß hat und nicht die Ikone des politischen Liedes sein muss.

Sie wollte ihn politisieren, er sollte die Stimme der Bürgerbewegung sein, die sie war. Dylan entzog sich solchen Wünschen, er ließ sich nicht einspannen, er ging seinen eigenen Weg. Die Außenseiter waren seine Freunde und er sah sich selber als Außenseiter, der Lieder schreibt und sie singt und das ganze Repertoire seit den dreißiger Jahren kennt und schätzt und in seine Texte einbezieht. Das Great American Songbook ist seine Welt, zu der die Gegenwart ihren Irrsinn beiträgt, die er in Balladen verwandelt.

Joan Baez konnte Bob Dylan nicht bekehren. Wie immer sie an ihm litt, war doch vergessen, sagt sie, wenn er seine Balladen sang. Ihr Verhältnis mit und zu ihm erzählt sie in „Diamonds and Dust“. Und endlich ist die, deren Poesie er lausig nennt, wie sie singt, der Legende ebenbürtig, die sie schon früh in ihm sah.

Well, I’ll be damned 
Here comes your ghost again 
But that’s not unusual 
It’s just that the moon is full 
And you happened to call 
And here I sit 
Hand on the telephone 
Hearing a voice I’d known 
A couple of light years ago 
Heading straight for a fall.

As I remember your eyes 
Were bluer than robin’s eggs 
My poetry was lousy you said 
Where are you calling from? 
A booth in the midwest 
Ten years ago 
I bought you some cufflinks 
You brought me something 
We both know what memories can bring 
They bring diamonds and rust.

Well, you burst on the scene 
Already a legend 
The unwashed phenomenon 
The original vagabond 
You strayed into my arms 
And there you stayed 
Temporarily lost at sea 
The Madonna was yours for free 
Yes, the girl on the half-shell 
Could keep you unharmed.

Now I see you standing 
With brown leaves falling all around 
And snow in your hair 
Now you’re smiling out the window 
Of that crummy hotel 
Over Washington Square 
Our breath comes out white clouds 
Mingles and hangs in the air 
Speaking strictly for me 
We both could have died then and there.

Now you’re telling me 
You’re not nostalgic 
Then give me another word for it 
You who are so good with words 
And at keeping things vague 
‚Cause I need some of that vagueness now 
It’s all come back too clearly 
Yes, I loved you dearly 
And if you’re offering me diamonds and rust 
I’ve already paid.

Was zum Hören: Bob Dylan

Diese Ballade schrieb Bob Dylan nach dem Besuch eines Gypsy-Festivals in der Provence, bei der der alte Familienhäuptling einsam und von seiner Familie verlassen Eindruck hinterließ. Dylan selber erzählt in der Scorsese-Dokumentation über die Rolling Thunder Revue, das ihm der Text im Traum eingefallen sei. Na ja. Die gescheiterte Liebesgeschichte der Ballade mag auch vom Ende seiner Ehe mit Sara inspiriert sein. Wie immer beruht der Einfall auf komplexen Erfahrungen im eigenen Leben und Dylan ist ein Meister widersprechender Erklärungen über den kreativen Prozess des Schreibens, von dem er sagt, er wisse gar nicht, wie er sich ereignet. Was bleibt, ist die Faszination für Außenseiter aller Art, die ihm begegnen und animieren.

One More Cup Of Coffee

Your breath is sweet
Your eyes are like two jewels in the sky
Your back is straight, your hair is smooth
On the pillow where you lie
I don’t sense affection
Nor no gratitude or love
Your loyalty is not to me but to the stars above
.

One more cup of coffee for the road
One more cup of coffee before I go
To the valley below
.

Your daddy, he’s an outlaw
And a wanderer by trade
He’ll teach you how to pick an‘ choose
And how to throw the blade
.

He oversees his kingdom
Where no stranger does intrude
His voice it trembles as he calls out
For another plate of food
.

One more cup of coffee for the road
One more cup of coffee before I go
To the valley below
.

Your sister sees the future
Like your momma and yourself
She never learned to read or write
There’s no books upon her shelf
.

And her pleasure knows no limits
Her voice is like a meadow lark
But her heart is like an ocean
So mysterious and dark
.

One more cup of coffee for the road
One more cup of coffee before I go
To the valley below
.

Vieles lässt sich leichter ertragen

Gestern bin ich durch unser Viertel geschlendert. Die Sonne schien, hoch der knallblaue Himmel, milde Wärme. Ich musste im Zickzack gehen, denn die Leute saßen in Straßencafés, Restaurants, Bistros, die so viele Tische wie möglich raustrugen und die Gehsteige verkleinerten, aber das war egal. Gute Laune breitete sich wie ein glitzernder See aus, einfach deshalb, weil man wieder draußen essen und trinken und sich unterhalten konnte. Draußen und nicht drinnen. Unter Menschen, unter Fremden, unter Freunden. Vor dem vorzüglichen Eisladen bildete sich eine lange Schlange, die sich geduldig ziemlich langsam nach vorne schob. Kein böses Blut, keine blöde Bemerkung.

Ich lebe in Berlin, das meistens schlecht gelaunt ist, egal ob die Sonne scheint oder der Horizont dunkelt. Viele schrappige Sätze beginnen mit: Hamwa nich, kriegen wa nich, wollen wa nich. In keiner anderen Stadt wird so häufig wüst gehupt, so oft der Mittelfinger in Anschlag gebracht, so oft bei Rot Gas gegeben wie hier. Der beliebteste Volkssport besteht im Lästern über die Stadtregierung, die Verwaltung, die Polizei, von Hertha BSC und jeder Person, die sich dazu aufdrängt wie etwa Franziska Giffey mit ihrer Doktorarbeit.

Wenn Berlin gegen jede Gewohnheit lächelt, muss was Besonderes los sein. Die Macht, die Covid über uns ausübte, lässt nach. Die Macht, die wir über unser Leben haben, nimmt zu. Die Inzidenz fällt, die Zahl der Geimpften wächst. Länder wie Deutschland, in denen nicht übermäßig, aber genügend Vakzine vorhanden sind, bereiten sich auf Lockerungen vor. Wie gut, wenn  Einschränkungen weichen und selbstverständliche Freiheiten nach und nach wieder selbstverständlich werden.

Darf man sich darüber freuen? Darf man. Wenn Menschen schon deshalb aufleben, weil sie wieder andere Menschen treffen dürfen, liegt darin ein gutes Zeichen. Was immer noch das Soziale erschwert, wie das ständige Testen oder der Zwang, den Impfpass bloß nicht zu vergessen, lässt sich verkraften. Es wird besser. Man kann wieder Pläne schmieden, sich was vornehmen. Es geht voran. Warum nicht segeln gehen, Freunde in größerer Zahl treffen, Partys feiern. Es muss ja nicht gleich wieder so ausarten wie in Hamburg oder Stuttgart.

Nicht alles ist schon gut. Noch immer sterben Menschen Tag für Tag an Covid. Das ist schlimm, das ist traurig. Die Gesellschaft darf sie nicht vergessen, das ist wahr. Auch ist die Pandemie nicht vorbei, so lange sie in Brasilien oder Indien wütet und Mutanten (für unsere Sprachpolizisten: Mutanten und Mutantinnen) erbrütet, die auf uns niederkommen. 

Es ist ja einfach so, dass wir immer auf verschiedenen Ebenen wahrnehmen und denken. Über die Freude am Zunahme an Freiheit vergisst doch wohl niemand, dass sie ein Luxusprodukt des Landes ist, in dem wir leben. Das ist unverdientes Glück, es hat sich so ergeben. Dass die dritte Welle der Pandemie bricht, ist eine Folge entschlossenen Handelns, zu dem sich die Regierung nach Zögern und Fehlern aufraffte. Man muss sich nur mal kurz vorstellen, unser Bundeskanzler hieße Jair Messias Bolsonaro – Messias!

Bei allem Genöle über die Kanzlerin und Herrn Spahn, über zu viel Nettigkeit beim Kanzlerkandidaten Armin und zu wenig Erfahrung bei der Kandidatin Annalena: Es gibt Länder, milde gesagt, in denen es erheblich unerfreulicher ist zu leben.

Ich persönlich freue mich jetzt auf die Europameisterschaft und bin gespannt, ob Jogi Löw ein gutes Händchen hat. Die Berlinale findet als Freilichtkinogroßveranstaltung statt, kann was werden, wenn es wärmer wird. Gibt es Gerechtigkeit, dann kreuzt Bob Dylan bald in irgendeiner deutschen Stadt auf und ich ergattere Karten. Mit dieser Aussicht lässt sich dann das Andere leichter ertragen: die Wahl in Sachsen-Anhalt, die Schlimmes befürchten lässt; die anschwellende Hysterie vor der Bundestagswahl; von Lukaschenkos Ruchlosigkeit oder der bizarren Selbstfeier des Herrn Assad gar nicht zu reden.

In diesen Tagen ist es leichter als sonst, sich über die gar nicht kleinen Veränderungen zum Besseren zu freuen. Es geht eben nie nur bergab.

Veröffentlicht auf t-online.de, gestern.

Was zum Hören: Bob Dylan

Rubin Carter, genannt Hurricane, war ein Mittelgewichtsboxer, der fälschlich wegen dreifachen Mordes verurteilt wurde und fast 20 Jahre im Gefängnis blieb. Bob Dylan schrieb 1975 seine Ballade „Hurricane“, Denzel Washington spielte Carter im Film (1999), die BBC machte daraus im Jahr 2019 eine 13-teilige Serie „The Hurricane Tapes“.

Carter schickte Dylan seine Autobiographie „The Sixteenth Round“, weil der nun einmal als jemand galt, der sich für Bürgerrechte einsetzt. „Hurricane“ gehört zu Bob Dylans populärsten Balladen. Er spielte zwei Benefizkonzerte während der „Rolling Thunder Revue“. Er traf Carter am 5. Dezember 1975 und trat im Clinton State Prison auf, in dem Carter einsaß.

Pistol shots ring out in the barroom night
Enter Patty Valentine from the upper hall
She sees a bartender in a pool of blood
Cries out my God, they killed them all
Here comes the story of the Hurricane
The man the authorities came to blame
For somethin‘ that he never done
Put in a prison cell, but one time he could-a been
The champion of the world.

Three bodies lyin‘ there does Patty see
And another man named Bello, movin‘ around mysteriously
I didn’t do it, he says, and he throws up his hands
I was only robbin‘ the register, I hope you understand
I saw them leavin‘, he says, and he stops
One of us had better call up the cops
And so Patty calls the cops
And they arrive on the scene with their red lights flashin‘
In the hot New Jersey night.

Meanwhile, far away in another part of town
Rubin Carter and a couple of friends are drivin‘ around
Number one contender for the middleweight crown
Had no idea what kinda shit was about to go down
When a cop pulled him over to the side of the road
Just like the time before and the time before that
In Paterson that’s just the way things go
If you’re black you might as well not show up on the street.’Less you want to draw the heat.

Alfred Bello had a partner and he had a rap for the cops
Him and Arthur Dexter Bradley were just out prowlin‘ around
He said, I saw two men runnin‘ out, they looked like middleweights
They jumped into a white car with out-of-state plates
And Miss Patty Valentine just nodded her head
Cop said, wait a minute, boys, this one’s not dead
So they took him to the infirmary
And though this man could hardly see
They told him that he could identify the guilty men.

Four in the mornin‘ and they haul Rubin in
They took him to the hospital and they brought him upstairs
The wounded man looks up through his one dyin‘ eye
Says, wha’d you bring him in here for? He ain’t the guy!

Arthur Dexter Bradley said I’m really not sure
The cops said a poor boy like you could use a break
We got you for the motel job and we’re talkin‘ to your friend Bello
You don’t wanta have to go back to jail, be a nice fellow
You’ll be doin‘ society a favor
That sonofabitch is brave and gettin‘ braver
We want to put his ass in stir

We want to pin this triple murder on him
He ain’t no Gentleman Jim.

Rubin could take a man out with just one punch
But he never did like to talk about it all that much
It’s my work, he’d say, and I do it for pay
And when it’s over I’d just as soon go on my way
Up to some paradise
Where the trout streams flow and the air is nice
And ride a horse along a trail
But then they took him to the jailhouse
Where they try to turn a man into a mouse.

All of Rubin’s cards were marked in advance
The trial was a pig-circus, he never had a chance
The judge made Rubin’s witnesses drunkards from the slums
To the white folks who watched he was a revolutionary bum
And to the black folks he was just a crazy nigger
No one doubted that he pulled the trigger
And though they could not produce the gun
The D.A. said he was the one who did the deed
And the all-white jury agreed.

Rubin Carter was falsely tried
The crime was murder one, guess who testified
Bello and Bradley and they both baldly lied
And the newspapers, they all went along for the ride
How can the life of such a man
Be in the palm of some fool’s hand
To see him obviously framed
Couldn’t help but make me feel ashamed to live in a land
Where justice is a game.

Now all the criminals in their coats and their ties
Are free to drink martinis and watch the sun rise
While Rubin sits like Buddha in a ten-foot cell
An innocent man in a living hell
That’s the story of the Hurricane
But it won’t be over till they clear his name
And give him back the time he’s done
Put in a prison cell, but one time he could-a been
The champion of the world.

 Songwriters: Jacques Levy and Bob Dylan