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Am 23. August 1794 schreibt Friedrich Schiller den berühmten Geburtstagsbrief an Johann Wolfgang von Goethe. Im eigentlichen Sinne ist es kein Sendschreiben aus Anlass des Geburtstages. Schiller will Goethe für die „Horen“ gewinnen, die Cotta zu finanzieren gedenk, sofern die großen Geister des Landes daran mitwirken. Zudem hofft Schiller darauf, mit dem Bewunderten und Gefürchteten in dauerhafte Verbindung zu treten. Er schreibt: „Lange schon habe ich, obgleich aus ziemlicher Ferne, dem Gang Ihres Geistes zugesehen, und den Weg, den Sie sich vorgezeichnet haben, mit immer erneuerter Bewunderung bemerkt. Sie suchen das Notwendige der Natur, aber Sie suchen es auf dem schweresten Wege, vor welchem jede schwächere Kraft sich wohl hüten wird. Sie nehmen die ganze Natur zusammen, um über das Einzelne Licht zu bekommen. In der Allheit ihrer Erscheinungsarten suchen Sie den Erklärungsgrund für das Individuum auf. Von der einfachen Organisation steigen Sie , Schritt vor Schritt, zu der mehr verwickelten hinauf, um endlich die verwickeltste von allen, den Menschen genetisch aus den Materialien des ganzen Naturgebäudes zu erbauen.“ Schiller unterzeichnet diesen Brief als „gehorsamster Diener“.

Goethe dankt und schreibt zurück: „Zu meinem Geburtstage hätte mir kein angenehmer Geschenk werden können als Ihr Brief, in welchem Sie, mit freundschaftlicher Hand, die Summe meiner Existenz ziehen und mich, durch Ihre Teilnahme, zu einem emsigen und lebhafteren Gebrauch meiner Kräfte aufmuntern.“

Dieser Brief am 23. August 1794 legt den Grundstein für eine beispielhafte Freundschaft zweier gegensätzlicher Menschen und Denker, die sich wechselseitig fordern und fördern. Wie schön.

Frankreich gedenkt am 23. August des Massenmordes an französischen Protestanten, der in der Nacht zum 24. August 1572 begann. Viele Führer Hugenotten wurden in dieser Bartholomäusnacht, die auch Pariser Bluthochzeit genannt wird und tatsächlich drei Tage lang anhielt, ermordet. Sie waren zur Hochzeit des Protestanten Heinrich von Navarra mit Margarete von Valois angereist. In dieser Nacht fielen Tausende Protestanten in Paris und in den Folgetagen in ganz Frankreich der Raserei zum Opfer.

Bartholomäus war ein biblischer Apostel, der Anfang des ersten Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung in Kana in Galiläa gelebt haben soll. Auf Abbildungen wird er mit Messer und abgezogener Haut gezeigt. Die Katholiken richteten am 24. August seinen Gedenktag ein.

Am 23. August 2024 sticht ein 26 Jahre alter Syrer auf einem Stadtfest in Solingen auf Passanten ein. Drei von ihnen sterben, acht sind verletzt, zum Teil schwer. Der Mann, vor zwei Jahren angekommen, sollte eigentlich vor einem halben Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden, wo er zuerst registriert worden war. Er tauchte unter und wieder auf, als die Frist abgelaufen war und erneut verhandelt werden musste, weil die Bürokratie es so will. Wer ihn beim Untertauchen half oder ihn von der Notwendigkeit informierte und wer ihm beim Wiederauftauchen half oder ihn davon informierte, dass nunmehr die Gefahr erst einmal gebannt war, ist noch nicht klar. Das Flüchtlingsheim lag 200 Meter vom Tatort entfernt. Der IS reklamierte die Tat für sich.

Natürlich fällt mir die Bedeutung dieses Tages nur deshalb auf, weil der 23. August 1968 in meinem kleinen Leben eine Rolle spielt.