t-online: Herr General, Sie sind Kommandeur des multinationalen Korps in Stettin. Wie ist es aufgebaut und welchen Zweck hat es?
Sandrart: Das ist ein Nato-Hauptquartier in Stettin, das mit dem Beitritt Polens 1999 aus Deutschland dorthin verlegt wurde. Es war ein Signal an die neuen Mitgliedsländer der Nato, dass sie nicht nur formelle Mitglieder sind, sondern auch geografische Präsenz haben. Im September feiern wir das 25jährige Jubiläum unseres Nato-Hauptquartiers.
Was ist der Zweck?
Der Auftrag hat sich über die 25 Jahre parallel zur Entwicklung der Nato entfaltet. Anfangs war es die Absicht, die neuen Mitglieder an das Bündnis heranzuführen, von ihnen zu lernen und sich aneinander zu gewöhnen. Es ging dann über in die Teilnahme des Korps an friedenserhaltenden und friedensschaffenden Missionen, zum Beispiel in Afghanistan oder auf dem Balkan. So war das Hauptquartier auch zweimal in Afghanistan eingesetzt, wo wir bedauerlicherweise einen polnischen und einen dänischen Offizier in einem Sprengstoffanschlag verloren.
Dann geriet Russland in den Fokus.
Ja, Mitte 2014 sind wir zur Bündnisverteidigung übergegangen. Denn drei Tage, nachdem die Olympischen Spiele in Sotschi geendet hatten, nahm Russland mit militärischer Gewalt die Krim ein. Das Hauptquartier bekam damals den Auftrag, die Verantwortung für die Verteidigung im Raum zwischen Narva in Estland und Nordostpolen zu übernehmen, Lettland und Litauen natürlich eingeschlossen. Daran hat sich seither nichts geändert.
Ich nehme an, dass Englisch die Umgangssprache ist.
Das Hauptquartier in Stettin umfasst 22 Nationen. Englisch ist unsere Arbeitssprache.
Wie viele solcher Korps hat die Nato?
Sie verfügt derzeit über zehn solcher Hauptquartiere auf der Landdomäne. In der Regel sind sie multinational aufgestellt und der Nato-Force zugeordnet, Nato-Force ist die operative und taktische Ebene des Bündnisses. Finanziert werden die Hauptquartiere durch die Länder, die daran teilnehmen. Es gibt zum Beispiel ein englisch geführtes Korps in England, ein spanisch geführtes in Valencia und ein griechisch geführtes in Thessaloniki. Durch die Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands wird voraussichtlich ein neues Korps mit neuem Hauptquartier entstehen.
Ist es überhaupt denkbar, dass die Bundeswehr einen Krieg alleine führt, ohne die Nato?
Das schließe ich für mich aus. Ich in seit 1982 Soldat und die unumstößliche Erkenntnis galt für mich schon immer: Keiner kann es alleine, wir können es nur gemeinsam. Es geht nur an der Seite der Bündnispartner, nur im Rahmen der Allianz.
Die Nato verfügt über 3,39 Millionen Soldatinnen und Soldaten, eine gewaltige Zahl. Wie viele davon stehen, realistisch betrachtet, im Ernstfall zur Verfügung?
Grundsätzlich gilt, dass jeder Soldat, der aktiv im Dienst steht, einsatzbereit sein soll. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass jeder Soldat für die Bündnisverteidigung sofort zur Verfügung steht, weil der Auftrag der Nato ja deutlich mehr umfasst als nur Bündnisverteidigung und auch weil die geografische Dislozierung unterschiedlich ist.
Welche Rolle kommt der Bundeswehr in den in der Nato zu?
Ich muss dazu ein bisschen ausholen. Ich bin als Sohn eines Soldaten aufgewachsen…
… Ihr Vater war Inspekteur des Heeres und später Oberbefehlshaber Europa Mitte.
Mein Vater definierte Deutschlands nationales Sicherheitsinteresse als effektive, wahrhaftige Einbindung in die Nato und die Europäische Union. Für uns ist die Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses von großer Bedeutung. Klug beraten sind wir darüberhinaus, wenn Deutschland als neutraler Anwalt kleinerer Partnernationen auftritt. In Zentraleuropa gehören wir zu den größten Beitragsländern und deshalb erwartet man von uns auch diese neutrale Führungsrolle Und da müssen wir deutlich besser werden. Wir warten noch zu sehr ab, was andere machen. Wir sind also eher im Verwaltungsmodus als im Gestaltungsmodus.
In den vergangenen Monaten gab es ja jede Menge Großmanöver unter deutscher Beteiligung, zum Beispiel in Alaska oder in den baltischen Staaten. Was haben Sie daraus gelernt und welche Konsequenzen müssen Sie ziehen?
Solche Manöver haben im Wesentlichen zwei Botschaften. Die eine richtet sich an Russland. Sie lautet: Wir stehen zusammen, wir sind einsatzbereit, wir sind überlegen, wir sind fähig und wir sind willens. Die zweite Botschaft richtet sich nach innen und soll Stärken und Schwächen eines Planes identifizieren. Das erreichen wir nur über intelligentes Zusammenwirken von Planen, Ausbilden und Üben.
Sie rechnen in nicht allzu langer Zeit mit einem Angriff Putins auf den Nato-Raum. In welcher Zeitspanne spielen sich Ihre Szenarien ab?
Ich rechne derzeit nicht mit einem Angriff Russlands auf die Nato. Ich halte es für unwahrscheinlich, aber nicht für ausgeschlossen. Russland ist derzeit mit der Masse seiner Kräfte in seinem unrechtmäßigen Krieg gegen die Ukraine gebunden. Trotzdem hat Russland schon mit dem Prozess begonnen, sich neu aufzustellen. Es erhöht die Investitionen in die Streitkräfte, auch als Antwort auf den Beitritt Finnlands und Schwedens zur Nato.
Fakt ist aber auch, dass die Nato über die letzten drei Jahrzehnte Investitionen auf friedenserhaltende Missionen fokussiert hatte. Nun müssen wir uns rasch auf Landesverteidigung zurückbesinnen. Jetzt ist die Frage: Wer ist schneller?
Und: Wer ist schneller?
Der Vorteil Russlands liegt in der Tatsache begründet, dass es Putin viel einfacher fällt, Masse zusammenzubringen. Das führt im Endeffekt dazu, dass für Russland jetzt eine günstige Gelegenheit besteht, die Nato anzugreifen. Denn Putin weiß ganz genau, dass sich dieses „Window of Opportunity“ schließen wird, sobald die Nato erst einmal Fahrt aufgenommen hat. Deswegen bewerten zum Beispiel Länder wie Estland, Lettland und Litauen die nächsten 24 Monate als die risikoreichste Zeit. Denn wir brauchen ungefähr zwei Jahre, um uns zu konstituieren.
Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen. Wir bilden im Frieden aus, damit unsere Soldatinnen und Soldaten so erfolgreich und so überlebensfähig im Gefecht sind wie möglich. Russland hingegen bildet für den Krieg in der Ukraine momentan zum Beispiel 1000 Soldaten innerhalb von zwei Wochen aus und schickt sie ins Feuer. 600 davon fallen in den ersten Tagen, aber 400 überleben gehärtet und gestählt. Das ist die russische menschenverachtende Methode. Der Rückschluss für uns muss lauten: Wir sind gut beraten, diese Vorbereitung zu beschleunigen.
Generalinspekteur Carsten Breuer spricht von 5 bis 8 Jahren, bis zu einem Angriff auf Nato-Raum. Ab 1929 müsste die Nato abwehrbereit sein.Teilen Sie diese Einschätzung?
Nur insoweit, als bis dahin unsere Rekonstitution abgeschlossen sein muss. Denn eines ist nun einmal Fakt: Egal in welchem Zustand wir sind, müssen wir mit dem, was wir haben, einsatzbereit sein – heute, morgen und übermorgen. Denn die Bedrohung gibt es jetzt und darauf müssen wir antworten. Deswegen empfehle ich dringend damit aufzuhören, dass wir uns wegen unserer Defizite geißeln. Wir können unseren Männern und Frauen vertrauen, dass sie auch mit dem, was sie jetzt haben, einsatzbereit sind.
Lassen Sie uns über die Lage in der Ukraine sprechen. Ist jetzt auch die russische Offensive gescheitert?
Ich bin kein Fachmann für die Ukraine. Selbstverständlich verfolgen wir das Geschehen sehr genau. Ich sehe mehrere bestimmende Kraftfelder. Da ist die westliche oder proukrainische Allianz, daneben gibt es aber auch eine prorussische Allianz aus China, Nordkorea und Iran. Dann das Schlachtfeld selbst. Jedes dieser Kraftfelder kann durch Veränderung Einfluss auf die Entwicklung nehmen. Momentan scheinen sie so stabil zu sein, dass ich keinen schnellen Wandel erwarte. Ich denke, wir müssen uns darauf einstellen, dass dieser Krieg uns noch eine Weile fordern wird.
Sollte Donald Trump wieder Präsident werden, dürfte das Kraftfeld Amerika, also die proukrainischen Kräfte, geschwächt werden. Steht und fällt die Ukraine mit Amerika?
Zunächst einmal stelle ich fest, dass Russlands Stärke unsere Schwäche ist. Das Dilemma, das wir mit der Wahl Trumps haben könnten, ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass wir aus seinen ersten Amtszeit im Weißen Haus nicht genug gelernt haben. Europa bleibt sicherlich auf das transatlantische Bündnis angewiesen. Aber es wäre zu einfach zu sagen, dass Europa nicht aus sich heraus die Stärke entwickeln könnte, um ein geringeres Engagement Amerikas zu kompensieren. Darauf sollten wir unseren Ehrgeiz richten, da künftig noch mehr amerikanische Ressourcen im Pazifik gebunden sein werden. Wir müssen unbedingt verhindern, dass unsere Schwäche Russland stärkt. Jede Investition, die jetzt nicht läuft, jeder Verteidigungshaushalt, der unter den Zielgrößen bleibt, schwächt uns zusätzlich. Diesen Wettlauf mit der Zeit nicht zu gewinnen erhöht unser Risiko.
Natürlich hat der Ukraine-Krieg auch Deutschland verändert. Haben Sie den Eindruck, die Zeitenwende ist stecken geblieben – 100 Milliarden und das war’s dann?
Kommt es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Russland, wird die Entscheidung an Land fallen. Entsprechend sollte die Investitionen auf Landstreitkräfte ausgerichtet sein. Das spiegelt sich aber in den Zuordnung der 100 Milliarden Euro und auch im Verteidigungshaushalt nicht wider. Am Ende wird Deutschland daran gemessen, ob es zwei oder drei Divisionen voll ausgestattet bereitstellen kann oder nicht. Braucht die Bundeswehr sechs Fregatten oder eine Division? Wir brauchen eine Division. Braucht sie Flieger? Ja, denn wir müssen über Luftverteidigung reden, über Flugabwehr, über Raketenabwehr. Ich meine, von den 100 Milliarden sollten 70 Milliarden ins deutsche Heer gehen, Munition eingeschlossen. Und der Rest hätte in die unterstellten Streitkräfte gehen können. Am Ende fragt die Nato, wie gesagt, nicht nach Schiffen, sondern nach deutschen Divisionen.
Die 100 Milliarden, um mit dem Kanzler zu sprechen, waren der große Wumms. Dann aber hat er diskussionslos die Wiederaufnahme der Wehrpflicht gestrichen. Wie denken Sie darüber?
Unser Minister, den ich sehr schätze, hat überhaupt erst wieder die Themen Kriegsfähigkeit und Wehrpflicht in die politische Debatte eingeführt. Ich persönlich halte es für notwendig und überfällig, dass wir die Wehrpflicht zu einem Dienst an der Gesellschaft in strukturierter Form für 12 bis 18 Monate entwickeln. Darunter fällt dann die Bundeswehr, aber auch das Gesundheitswesen und der Sozialbereich, etwa die Feuerwehr. Gute Modelle lassen sich in anderen Nationen studieren. In Estland, Lettland, Litauen und Polen, aber auch Schweden und Finnland steht völlig außer Frage, auch bei der Jugend, dass es selbstverständlich ist, dass man seinen Staat trägt und unterstützt.
Die Wehrpflicht wäre allerdings eine echte Herausforderung für die Bundeswehr. Sie hat nur noch 250 Kasernen – 2011 waren es noch 750 gewesen. Damals wurden auch die Kreiswehrersatzämter abgeschafft. Deshalb müsste zuerst eine neue teure Logistik aufgebaut werden. Das muss man wollen.
Ja, das stimmt. Ich habe gerade das Schreiben des Finanzministers an den Bundesminister der Verteidigung gelesen, warum das alles momentan nicht geht. Ich bin entsetzt, dass wir Sicherheit mit einer schwarzen Null definieren. Darin liegt eigentlich eine Verarmung des menschlichen Verstandes. Sicherheit muss uns wichtiger sein als eine numerische Zahl.
Natürlich hat die Bundeswehr im Moment nur begrenzte Fähigkeiten, parallel zu den anderen Aufträgen wieder zu einer Ausbildungsorganisation zu werden, die notwendig ist, um Wehrpflichtige aufzunehmen. Aber wir könnten ja mit kleinen Zahlen anfangen. Ich bin seit 42 Jahren Soldat, war Bataillons, Brigade- und Divisionskommandeur und bin mir aus Erfahrung sicher: Wir können Wehrpflichtige ausbilden und integrieren. Wie andere Länder auch, fangen wir klein an und bauen darauf auf. Das ist ein ganz normaler Prozess.
181 000 Soldaten und Soldatinnen hat die Bundeswehr heute. Wie viele sollten es sein?
Auch hier plädiere ich dafür, nicht numerisch zu argumentieren, sondern in Fähigkeiten. Wenn das, was wir haben, so ausgestattet ist, dass es im Frieden wie im Krieg handlungsfähig ist, wäre schon viel gewonnen. Das hat für mich Priorität, bevor ich über Wachstum nachdenke.
Boris Pistorius schlägt ersatzweise einen Auswahlwehrdienst vor. Was halten Sie davon?
Die Idee ist an Schweden und Finnland angelehnt. Ich halte alles, was uns wieder an die Gesellschaft heranführt und junge Männer und Frauen erfasst, für einen Fortschritt. Es ist sicherlich weniger als erwartet, aber mehr als dieser Dienst ist unter den herrschenden Bedingungen nicht zu erreichen.
Momentan ist es ja so, dass der Verteidigungsminister auf einem eigenen Planeten unterwegs ist und weder in seiner eigenen Partei noch in der Regierung ausreichende Unterstützung findet. Was sagt dieser Umstand über die gesellschaftliche Lage aus, in der sich die Bundeswehr bewegt?
Dazu möchte ich den estnischen General Martin Herem zitieren, der in einem Interview sagte: Wo Sie Rauch sehen, sehe ich Feuer. Viele Politiker in der Blase Berlin hegen noch immer die Hoffnung, dass die Rauchschwaden ausgetreten werden, weil sie kein Feuer sehen. Diese Fehleinschätzung muss unser Minister bedauerlicherweise derzeit ausbaden. Deswegen müssen wir den gesellschaftlichen Diskurs dringend intensivieren, um die Relevanz des Feuers in der Ukraine für unsere Sicherheit zu verdeutlichen, ohne Angst zu schüren.
Lassen Sie uns auch über Sie persönlich reden. Als ich Sie in Stettin besucht habe, trugen Sie Camouflage und ein Halstuch dazu. Dahinter steckt eine Geschichte. Würden Sie sie bitte erzählen?
Das Halstuch wirkte für mich als Talisman. Das war im Norden Afghanistans am 28. Mai 2011, als wir in einen Hinterhalt in Taloqan gerieten. Elf Soldaten starben, darunter zwei Deutsche. Dieses Halstuch bewahrte mich vor Schrapnellen. Zum Überleben gehörte noch mehr als dieses beige Halstuch, das ich aber seit diesem traurigen Tag trage.
Afghanistan war der längste und größte Einsatz im Bündnis unter Beteiligung der Bundeswehr. Sie haben dort gedient. 59 deutsche Soldaten starben. Welche Bedeutung hatte Afghanistan für die Bundeswehr?
Ich erinnere mich sehr positiv an diesen Einsatz. Ich denke, dass es richtig war, sich dort zu engagieren. Ich denke auch, dass wir viel erreicht haben. Ich durfte ein multinationales Thema aus acht Nationen führen und wir haben die afghanischen Streitkräfte in 25 Operationen im eigenen Land begleitet. Ich bin überzeugt davon, dass die Bundeswehr einen beispielhaften Job gemacht haben. Deutsche Soldaten in Afghanistan genossen hohe Anerkennung, weil sie professionell und verlässlich waren.
Was haben Sie in Afghanistan gelernt?
Dass Soldat zu sein bitter sein kann. Kern des Kampfes ist das Überleben. Alle Einsätze, aber insbesondere der Afghanistaneinsatz, haben das Verständnis dafür geweckt, dass der Soldatenberuf ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Er ist der einzige Beruf, der sich nicht die Frage stellen darf: Gehe ich durch die Tür oder nicht. Egal was dahinter ist – wir müssen durch diese Tür gehen und danach gibt es kein Zurück.
Bei der Rückkehr der Truppe aus Afghanistan entstand peinliche Verlegenheit für eine angemessene Feier. Was hat diese diese Diskussion in der Bundeswehr ausgelöst?
Von der Rückkehr der Männer und Frauen aus Mazar-i-Sharif, dem Hauptkontingent, war ich persönlich betroffen, weil ich als Kommandeur der 1. Panzerdivision die Masse der Heeressoldaten zurück empfing. Der Empfang in Wunstorf war Deutschlands unwürdig. Dagegen ist die die Truppe, die für die Evakuierung verantwortlich war, würdig empfangen worden. Noch größer ist die Leistung der Männer und Frauen beim geordneten Rückzug aus Afghanistan, ohne Verlust und ohne einen einzigen Schuss, zu bewerten. Sie wiederum landeten gleichsam still und heimlich. Das hatten diese Männer und Frauen unter der Führung des großartigen Brigadegenerals Ansgar Meyer nicht verdient.
Die Ukraine verändert ja viel, verwandelte zum Beispiel grüne Pazifisten in grüne Bellizisten. Wie nachhaltig ist dieser Prozess Ihrer Meinung nach?
Ich bin beeindruckt, wie der eine oder die andere lieb gewordene Grundsätze überdacht hat. Demokratie muss ja nun einmal wehrhaft sein, um unsere Lebensform und unser Gesellschaftsmodell zu bewahren. In vielen Vorträgen und Diskussionen stießen wir in den vergangenen zwei Jahren auf Verständnis. Man fragte uns: Worum geht es? Erklär mir das Problem und was zur Lösung notwendig ist. Aus meiner Sicht ist das ein guter Einstieg in eine Diskussion, da wir am Ende möglichst zu einem gemeinsamen Verständnis von wehrhafter Demokratie kommen sollten.
Noch eine persönliche letzte Frage. Seit dem 18. Jahrhundert stellt Ihre Familie in preußischen und deutschen Armeen Offiziere und Generale. Hatten Sie nicht mal das Bedürfnis, aus dieser Tradition auszubüxen?
1982, als ich zur Bundeswehr ging, war klar, dass ich Reserveoffizier werde. Aber eigentlich wollte ich danach Land- und Forstwirt werden und zwar in Argentinien. Mein Großvater, der am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, war 1918 nach Argentinien ausgewandert und hatte in der Provinz Santa Fe eine Hacienda aufgebaut. Mein Vater wurde dort geboren. Dann aber das Schicksal meine Familie im Jahr 1938 zurück nach Deutschland gespült.
Ausbüxen Innerhalb der Familientradition.
Am Ende bin ich hier geblieben, weil Land- und Forstwirtschaft in Argentinien aufgrund der wirtschaftlichen Situation damals schwierig war.
Ihr Vater bekleidete hohe Ränge und der Sohn blieb dann auch in der Bundeswehr – nicht ganz einfach, oder?
Wie das im Vater-Sohn-Verhältnis häufig so ist, legte ich Wert auf einen gewissen Abstand. Es sollte nicht heißen: Der macht ja nur Karriere, weil der Vater da ist. Am Ende hatten wir neun Jahre gemeinsam in der Bundeswehr.
Herr General, danke für dieses Gespräch.
Veröffentlicht (leicht verändert auf t-online.de, heute.