Heute morgen las ich in der SZ einen Kommentar, der sich mit der Bafin und ihrem Umgang mit Wirecard beschäftigt. Er begann mit diesen Sätzen:
Der Fall Wirecard ist für die deutsche Finanzaufsicht Bafin ein Desaster, keine Frage. Doch was hätte dort besser laufen können? Die europäische Finanzaufsicht, die das Verhalten der Bafin im Fall Wirecard untersucht hat, präsentierte diese Woche einen Bericht. Und der enthielt folgenden Tipp: Die Frauen und Männer der Bafin sollten regelmäßig angesehene, internationale Zeitungen in die Hand nehmen und auch mal auf deren Webseiten nachlesen, ob es Neuigkeiten gibt. Das würde dabei helfen, die richtigen Firmen für Bilanzprüfungen auszusuchen – beispielsweise retrospektive Wirecard.
Das sind gute Ratschläge an die Bafin, und wie es bewährte Übung unter uns Journalisten, gelten die guten Ratschläge den anderen und nicht uns selber. Aber nicht nur die Bafin hat versagt, auch unsere Branche, in Sonderheit die Wirtschaftsjournalisten der großen Blätter, stehen kläglich da. Sie hätten ja auch „internationale Zeitungen in die Hand nehmen“ können, vielleicht haben sie es sogar, was fast noch schlimmer wäre, weil sie dann nicht zur Kenntnis genommen haben, was der britische Kollege geschrieben hat, als die deutschen Kollegen noch besoffen waren von diesem sagenhaften Erfolg von Wirecard, das nach oben schoss und mir nichts, dir nichts in den Dax aufstieg, ohne dass sie die Fragen gestellt hätten, die sich nach Lektüre der FT stellen ließen: Geht das mit rechten Dingen zu? Hat dieser Einzelgänger etwa recht? Und wenn er recht hat, was sagt das über uns aus, die wir nicht genau hingeschaut haben?
Zuerst haben sie nicht genau hingeschaut. Und dann haben sie blitzschnell vergessen, dass nicht nur die Bafin versagt hat, sondern sie auch selber. Und weil sie keine Lust zur Selbstkritik haben oder sie, noch schlimmer, für unnötig erachten, sind sie jetzt auch so unerbittlich in ihrer Kritik am Zustand dieser zahnlosen Institution namens Bafin, anstatt wenigstens ein bisschen bestürzt zu sein, dass ihnen etwas durchgegangen ist, was dem britischen Kollegen nicht durchgegangen ist.
Man nennt das vornehm: Monday morning quarterbacking. Man nennt das weniger vornehm: Heuchelei.