Zu kompliziert gedacht

Am Montag habe ich eine Analyse über die Wahl in Amerika geschrieben, die davon ausging, dass dieses Land auf absehbare Zeit rechts bleiben wird. Ich dachte allerdings, dass Trump trotzdem einigermaßen klar verlieren würde, so dass die Republikaner hinterher die Chance bekämen, einen neuen moderaten Konservatismus zu entwerfen. Auch deshalb dachte ich, dass Trump klar verlieren würde, weil Rechte zwar rechts wählen, aber mit Trump zerfallen sind, weil er so ist, wie er ist.

Irrtum. Zu kompliziert gedacht, Trump hat sein Reservoir voll ausgeschöpft. Diesmal wählten sogar 12 Prozent der Schwarzen den Präsidenten, der ein Ausbund an White Supremacy ist. Für sie waren die Steuererleichterung wichtiger als seine Rassenhetze. Sehr seltsam, hätte ich nun wirklich nicht gedacht.

Andererseits sagt die Wahl nur aus, was wir wissen: Dieses Amerika ist heillos gespalten und wird es bleiben, egal wer gewinnt. Dieses Amerika zerfällt in zwei Länder, blau und rot. Gewalt schlummert nicht nur unterhalb der Oberfläche, wie wir bald merken dürften, wenn es so kommt, wie es kommen kann, und wiederum ist es egal, wer von beiden gewinnt.

Man kann nur beten, dass in den Bundesstaaten, die knapp an einen von beiden gingen, sauber ausgezählt worden ist. Nicht auszudenken, wenn aus Dummheit/Fahrlässigkeit/Tücke Betrug begangen worden sein sollte. In Amerika ist immer alles möglich.

Wenn überhaupt, wird es für Biden ein deprimierender Sieg sein. Für Trump, wenn überhaupt, natürlich eine deprimierende Niederlage, die ihn aber nur zu einem neuen Höhenflug an Brandstifterei animieren wird. Und am Ende wird Trump das Oberste Gericht auf die Loyalität testen, die ihm die Richter/in schulden, weil er es war, der sie dort untergebracht hat.

It ain’t over, until it’s over.