In dieser Woche habe ich mir beide Pokalspiele angeschaut, in denen der Beste und der Zweitbeste der Bundesliga spielten. Am Dienstag war der FC Bayern gegen den Freiburger SC zugange, am Mittwoch spielte mein BVB in Leipzig. Dass der BVB verlor, lag von vornherein im Bereich des Möglichen. Dass der FC Bayern verlor, hätte vorher niemand geglaubt.
Die Spiele fielen völlig unterschiedlich aus. Bayern war maßlos überlegen. Der BVB maßlos unterlegen. Bayern schoss immerhin ein irreguläres Tor, das der Video-Schiedsrichter, falls er nicht gerade in sein Vesperbrot gebissen haben sollte, monieren musste, aber nicht monierte. Der BVB schoß in der vorletzten Minute zum ersten Mal gefährlich auf das Tor. Herzlichen Glückwunsch.
Die Gründe für beide Niederlagen sind nun wirklich old school. Die Mannschaften mögen Spielzüge so lange üben, bis sie zu Automatismen werden, wie es in der Techniker-Sprache der Trainer heißt. Die Trainer mögen sich etwas einfallen lassen, womit der gegnerische Trainer überrascht wird. Kurze Ecken können einstudiert werden, um die Standards, wie es auch so schön heißt, unberechenbar zu machen. Der Video-Trainer mag Szenen zusammenstellen, aus denen sich die Taktik der generischen Truppe plastisch ergibt, so dass sie auch noch der letzte Hirnbeiß versteht. Alles schön und gut, aber manchmal kommt es eben auf anderes an.
Bayern vermochte aus seinem Powerplay nur wenige ernsthaft gefährliche Spielzüge zu entwickeln, mit denen sie dem Tor der Freiburger nahe gekommen wären. Effizienz entsteht durch die Wucht, die aus dem Willen kommt, jetzt unbedingt ein Tor zu schießen und zwar egal wie. Aus dem Willen entsteht die Kraft, die dem verteidigenden Gegner allmählich die Kraft raubt und ihn zu Fehlern zwingt. Deshalb fallen so viele Tore innerhalb der letzten zehn Minuten oder in der Nachspielzeit. Die Wucht lässt dann nicht nach. Die Mannschaft glaubt daran, dass irgendwie irgendwann noch ein Tor fallen wird und hört nicht damit auf, über die Außen Flanken schlagen zu lassen, die im Zentrum ein Zufallstor produzieren.
Freiburg kämpfte aufopferungsvoll, schlug die Bälle blind nach vorn, wo kein eigener Stürmer stand, weil sie alle mit verteidigten auf Teufel komm raus. Sie wollten nicht schon wieder 5:0 verlieren, so sah es für mich aus. Sie wollten ihre Haut so teuer wie möglich verkaufen. Wie aus Zufall waren sie höllisch effizient. Und wie es sich in Pokalspielen eben manchmal fügt, hatten sie Glück für fünf Spiele und bekamen in den letzten Sekunden einen berechtigten Elfmeter zugesprochen, den Lucas Höler sicher verwandelte.
Am Ende läuft die Ursachenforschung darauf hinaus, dass es den Bayern, vielleicht aus Überheblichkeit, vielleicht in Fehleinschätzung ihrer Form nach dem geschenkten Sieg über den BVB, an Esprit und Wucht mangelte. Sie spielten, als könnten sie nicht glauben, dass Freiburg gewinnen kann. Freiburg warf sich ins Spiel in der Hoffnung, eine Packung vermeiden zu können und mit dem Hintergedanken, Chancen zu nutzen, falls sie sich ergeben sollten. Der Unterschied bestand darin, dass die Bayern in Routine erstarrten, während Freiburg erst ein Sonntagstor schoß und dann eben den Elfmeter, den ihm das Schicksal bescherte, dankend verwandelte.
In München brachte sich der BVB selber aus dem Rhythmus, als sein Torwart ein Luftloch schlug. So ein Tor schwächt ungemein, ist eine Demütigung für die gesamte Mannschaft und raubt den Anfangsschwung. Der BVB erholte sich nicht davon.So ein Luftloch-Tor baut den Gegner auf, dem das Schicksal an diesem Abend wohl gesonnen ist. In Leipzig ließ sich der BVB überwältigen, brachte keinen sicheren Spielaufbau zustande, rannte immer hinterher, verlor ständig Bälle im Mittelfeld und bezog noch ein verhängnisvolles Tor, als Kobel bei der Ecke in der letzten Minute der Nachspielzeit im generischen Strafraum auftauchte. Das 0:2 bedeutete dann wieder so ein demütigendes Tor, von dem sich eine Mannschaft bis zum nächsten Spiel erholen muss, sonst setzt es gleich noch eine Niederlage.
Leipzig wollte unbedingt die Negativserie mit drei Niederlagen ohne eigenes Tor beenden. Der Trainer, der den BVB aus eigener Erfahrung kennt, hatte sich eine erfolgreiche Taktik ausgedacht: Greift sie sofort an, gleich hinter dem Strafraum, lasst sie nicht zur Entfaltung bringen, nehmt ihnen den Atem, bringt sie aus der Fassung. Der Dortmunder Trainer hatte auf Defensive gesetzt, aber mit Spielern wie Öczan oder Can lässt sich nur bedingt ein feines Angriffsspiel aufziehen, das ist nicht ihre primäre Aufgabe. Sie sollen Angriffe im Mittelfeld unterbinden und Gegenangriff ermöglichen, die dann Brandt und Reus und Malen ins Laufen bringen. Nichts davon klappte. Der BVB ging unter. War chancenlos. Brachte einen gelungenen Angriff in der vorletzten Minute zustande, doch den satten Schuss meisterte der Leipziger Torwart.
Was lernt uns das? Der Kader der Bayern ist lange nicht so gut, wie er von Kahn und Brazzo eingeschätzt wird. Tuchel muss wie Nagelsmann erkennen, dass zu wenig Leben in der Mannschaft steckt und Leute wie Mané vermutlich gar nicht zu ihr passen. Hinter dem BVB liegt womöglich die beste Phase dieser Saison. Die Bayern bieten geradezu an, dass eine andere Mannschaft Meister wird, aber dieser BVB wird es nicht sein. Malen passt wie Mané nicht recht zur Mannschaft und solange Brandt seiner Form hinterher läuft, fehlt der entscheidende Faktor hinter dem Zentrum. Zwar bietet sich Reyna als Ersatz an, der aber unter Terzić auf der Ersatzbank verhungert.
Der BVB spielt morgen gegen Union. Bayern in Freiburg, wie seltsam, und dann am Mittwoch gegen ManCity, oha.