Dörk forever

Heute habe ich gelesen, dass Dirk Nowitzki in die Hall of Fame berufen werden soll. Schon jetzt, nur vier Jahre nach seinem tränenreichen Abschied aus der NBA. Mich freut das ungemein. Er hat diese ungewöhnliche Ehre verdient. Wieder wird er um Worte ringen, weil er nichts für selbstverständlich hält. Andere platzen vor Selbstbewusstsein, selbst Dennis Schröder, der bei den Lakers immer weiter nach hinten auf der Bank gereicht wird. Dirk Nowitzki, Nummer 41, gehört ganz sicher nicht zu den Selbstgefälligen.

Sobald er im Mittelpunkt steht, wirkt er wie jemand, der bestimmt nicht im Mittelpunkt stehen will. Wenn er es dennoch muss, ist er ein Ausbund an Verlegenheit und weist darauf an, dass er doch nur ein Mensch ist, der zufällig den Ball ganz gut in den dafür vorgesehenen Korb werfen kann. Dadurch wird er noch sympathischer und nicht zufällig hat ihn Charles Barkley den nettesten Menschen genannt, der je Basketball in der NBA gespielt hat.

Natürlich wäre es einfach, in solchen Momenten eine Rede vorbereitet zu haben, die er ablesen kann, um einigermaßen Sicherheit vor einer Halle von Menschen zu gewinnen. Vielleicht hat er sich sogar die richtigen Sätze ausgedacht, bringt sie aber nicht so heraus, wie er es sich vorgenommen hatte. Aber wahrscheinlich ist es so, dass die Scheu vor Öffentlichkeit zum Gesamtkunstwerk des Basketballspileers Dirk Nowitzki gehört. Und das Publikum in Dallas würde ihn auch dann mit herzlichem Beifall überschütten, wenn er gar nichts sagen würde, sondern nur da stehen würde, mit den Füßen scharrend und sich mit dem Handrücken die Tränen abwischt. Dallas liebt Dirk Nowitzki, wie er ist. Anstatt weiter zu ziehen, um einen NBA-Titel zu gewinnen, vor allem nach der deprimierenden Niederlage gegen Miami, blieb er daheim in Dallas und setzte alles dahinter, doch noch einen Titel zu holen. Nie werden sie ihm diese Demut und Hingabe vergessen.

Ist das deutsch? Natürlich nicht. Bill Russell spielte 14 Jahre für die Boston Celtics. John Stockton spielte 19 Jahre für Utah. Michael Jordan spielte 13 Jahre für die Chicago Bulls (sein Comeback für die Washington Wizards war ein Irrtum). Karl Malone spielte mit Stockton 18 Jahre ein unvergleichliches Spiel bei den Jazz, ehe es ihn für 2 späte Jahre zu den Lakers zog, um endlich mal einen Titel zu gewinnen. Larry Bird spielte 13 Jahre lang bei den Celtics.

Es gibt treue Gesellen und es gab sie schon immer. Und es gibt die anderen, die Legionäre wie LeBron James, der über Cleveland nach Miami zog, zurück zu den Cavaliers kam und sich dann den Lakers anzuschließen. Jeder Wechsel geriet zum großen Tamtam. Jede Veränderung bekam historische Weihen. Überlebensgröße, wie LeBron James eben LeBron James sieht. Oder Kevin Durant: Unstetigkeit als Erkennungsmerkmal – Seattle, Oklahoma, Golden State Warriors, Brooklyn Nets, derzeit Phoenix Suns.

Am Ende kommt es auf die Mentalität. Nowitzki und die anderen überschätzen sich weder selber noch die gesellschaftliche Bedeutung ihres Sports. James und die anderen besitzen ein monströses Ego für die Jagd nach dem noch besser dotierten Vertrag bei der noch besseren Mannschaft. Nowitzki ist das andere Extrem: Verzicht auf Millionen Dollar, die ihm vertraglich zustanden, damit sein Klub zusätzliche Spieler verpflichten konnte.

Nowitzki ist ohne Holger Gschwindner nicht zu denken. Gschwindner rechnete anhand von Körpergröße, Armlänge und Handspannweite den richtigen Winkel aus, in dem der Ball zum Korb fliegen musste. Nowitzki war der gelehrigste Schüler, den man sich denken kann. Der Fadeaway Jumper, sein Markenzeichen, verdankt sich mathematischer Berechnung und ungewöhnlicher Körperbeherrschung. So konnte aus einem 2,13 Mann nicht etwa ein Center, sondern ein Power Forward werden, ein Alleskönner, der zum Korb zog, Dreier warf und dann auch noch diesen wunderbaren Fadeaway Jumper aus allen Lebenslagen warf.

Das Begnadet ist harte Arbeit. Kobe Bryant, Michael Jordan und all die anderen waren und sind Arbeitsethiker, die sich nie mit dem Stand ihres Könnens zufrieden gaben, vielmehr immer und immer wieder übten, was sie nicht aus reinem Talent drauf hatten. Beidhändig zum Korb ziehen zu können. No-look-Pässe zu werfen, weil sie jederzeit wissen, wie die anderen Spieler laufen.

Dirk Nowitzki hat nun alles, was man als Basketballspieler in Amerika haben kann. Eine Statue vor der Halle. Das Trikot mit der 41 hochgezogen wie eine Trophäe. In Dallas verehrt wie ein eingeborener Sohn der Stadt. Und nun die Hall of Fame. Wie Charles Barkley sagen würde: Congrats, man, you really deserve it, ‚cause you changed the game of Basketball forever.