Frank-Walter Steinmeier wird Bundespräsident bleiben. Seine Wiederwahl wird überwältigend ausfallen. Alle sind für ihn, mit Ausnahme der Linken, die einen eigenen Kandidaten aufstellt, den man wegen seiner Aussichtslosigkeit als Zählkandidaten bezeichnet, und auch mit Ausnahme der AfD, die Max Otte präsentiert, der jetzt Probleme mit der CDU bekommt, seiner eigentlichen Partei.
Steinmeier also. Die bekannte Größe. Stabilität in einer Zeit, in der eine neue Regierung mit einer neuen Koalition Neues anstrebt und zu allem Überfluss in der Pandemie feststeckt und sich auch mit einer Impfpflicht auf Neuland bewegt, wobei die inneren Fliehkräfte mühselig gebändigt werden müssen, weil die FDP Kompromisse einzugehen gezwungen ist, die ihr zutiefst widerstreben. Na ja.
Stabilität in unübersichtlichen Verhältnissen tut gut. Kann man also leicht rechtfertigen. Wäre eine bis dahin der Öffentlichkeit unbekannt gebliebene Frau nicht Bundestagspräsidentin geworden, hätten Steinmeier Probleme erwartet. So aber hat Bärbel Bas, die man mit einigem Recht als Alibi-Frau bezeichnen kann, dem Präsidenten die zweite Amtszeit gerettet. Wäre Rolf Mützenich Bundestagspräsident geworden, was die eigentliche Option war, wäre der Ruf nach einer Frau in einem Spitzenamt erschallt, von den Grünen, der FDP. Und die CDU/CSU hätte mit einer respektablen Kandidatin den Keil in die Koalition getrieben. Hätte sie gerne, kann sie unter diesen Umständen aber nicht.
Dass Steinmeier sich vor etlichen Monaten selbst um Wiederwahl bewarb, was für einen Bundespräsidenten ungewöhnlich ist, denn üblicherweise sagt irgendjemand, vornehmlich der Kanzler oder die Kanzlerin, er halte den Amtsinhaber für unbedingt geeignet, das Land weiterhin für fünf Jahre zu repräsentieren: geschenkt. Er darf jederzeit sagen, was er will. Und dass er und seine Frau das Land vorzüglich vertreten, ist Herrschaftsmeinung.
Steinmeier sagt viel Richtiges. Er ist ungemein sympathisch, im persönlichen Umgang locker und menschenfreundlich, was nach so langer Zeit in der zweiten und ersten Reihe der deutschen Politik durchaus eine Charakterleistung darstellt. Er unterstützt die Regierung, er flankiert sie, er hilft ihr. Mit einem SPD-Kanzler mag ihm das noch beschwingter gelingen. Der Status quo ist bei ihm in guten Händen, genauso wie die geschmeidige Reform. Das Erwartbare ist sein Fluidum. So ist er, so kennen wir ihn.
Ich persönlich würde mich aber auch mal gerne überraschen lassen.