Der BVB und seine Trainer

Gestern habe ich mir das Spiel des BVB gegen Gladbach angeschaut. Wie man so schön sagt: intensiv, aber nicht sehr toll. Mehrere fein herausgespielte Tore, die der Kölner Keller nicht gab. Ein herrlich herausgespielter Treffer, mit dem Jadon Sancho das Spiel entschied.

Dortmund war gut eingestellt. Dortmund spielt stabiler als noch vor einigen Wochen. Der Trainer vertraut Jude Bellingham. Ich ziehe Gio Reyna vor, aber der wirkte zuletzt überspielt. Der Trainer vertraut Martin Hitz und hatte Recht, weil der Torwart einen sagenhaften Hammer aus mittlerer Distanz blitzartig parierte. Der Trainer vertraut Mahmoud Dahoud, der endlich mal so spielt, wie er es seit zwei Jahren verspricht. Der Trainer stellt nach Form und Notwendigkeit auf, wie es ein guter Trainer eben so macht.

Dortmund hat seit Jahren ein Trainer-Problem oder genauer gesagt ein Führungs-Problem, weil die Ungeduld – nein, der Widerwille, nach dem Pokalsieg 2017 weiterhin mit Thomas Tuchel zu arbeiten, so groß war, dass Achim Watzke ihn feuerte. Habe ich damals nicht verstanden, verstehe ich heute noch nicht, werde ich morgen nicht verstehen, wenn Marco Rose die x-te Nachfolge antritt: nach Bosz/Stöger/Favre/Tedić. Der Vorgang könnte sich diesmal wiederholen, holt der BVB den Pokal und stutzt trotzdem den Trainer, der immerhin Co-Trainer bleiben darf, es sei denn, ein anderer Verein findet so viel Gefallen an ihm, dass er ihn verpflichtet.

Rose hat mit seinem angekündigten Wechsel seine Mannschaft verloren. Sie startete furios in die Saison, zeigte tolle Leistungen in einer Hammergruppe der Champions League, spielte astreinen Fußball, wobei zwei ehemalige BVB-Spieler überragten, Matthias Ginter und Jonas Hofmann. Dann fing Rose an zu tändeln, druckste herum und gab schließlich bekannt, er werde künftig den BVB trainieren, den seine Mannschaft kurz zuvor 4:2 geschlagen und damit in eine Krise gestürzt hatte. Gladbach verlor den Faden, wird gegen Man City in der Champions League ausscheiden, alles andere wäre mehr als ein Wunder, und verpasst vielleicht sogar die Euroleague, wenn die Mannschaft sich nicht schleunigst fängt.

Psychologisch interessant ist natürlich, wie eine eher junge Mannschaft von ihrem Trainer dermaßen abhängt, dass sie aus der Fassung gerät, wenn er sagt: Das war’s hier, ich zieh weiter, Dortmund hat mehr Bedeutung als dieser Verein, jedenfalls für mich, so ist das Geschäft, wisst ihr ja. Beschädigt sind nun aber beide, auch Rose, der das Wasser nicht halten konnte und den Einfluss seiner Entscheidung nicht absah, was nun dazu führt, dass unsereins sich fragt: Ist das ein reifer Trainer oder nur ein Job-Hopper, mit dem der Erfolg nicht zieht, so dass Dortmund dem nächsten Irrtum aufsitzt?

Edin Terzić besticht schon mal durch seine Souveränität, mit der er seine Degradierung zum künftigen Co-Trainer unter Rose hinnimmt. Außerdem hat er die Mannschaft, verunsichert durch Favre, jetzt so geformt, dass sie gestern endlich mal richtig kämpfte und verdient gewann. Unter Terzić hat der BVB die direkten Kontrahenten Wolfsburg und Leipzig geschlagen, brach ein, raffte sich wieder auf und liegt momentan drei Punkte hinter einem Champions-League-Platz. Alles drin, im Pokal, in der Meisterschaft, in der Champions League.

Terzić ist offenbar ein Trainer, der sich nicht beirren lässt. Die Mannschaft vertraut ihm. Die Führung nicht. Die Mannschaft hat nur dann etwas zu sagen, wenn sie sagt, was die Führung hören will, wie damals bei Tuchel. Die Führung bekommt wieder ein sattes Problem, falls der BVB am nächsten Wochenende gegen Bayern in München gewinnen sollte. Ist ja möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich. Verliert Dortmund und Frankfurt wie Wolfsburg gewinnen, wird es ziemlich schwer, noch unter die ersten Vier in der Bundesliga zu kommen und enorm viel Geld wird im Etat 21/22 fehlen.

Das neue Dortmunder Modell soll also so aussehen, dass ein Trainer, der das Vertrauen seiner Mannschaft verlor, mit einem Co-Trainer zusammen arbeitet, der das Vertrauen seiner Mannschaft besitzt. Kann das funktionieren? Glaube ich nicht. Um so weniger, je mehr Erfolg Tedić mit dem BVB in dieser Saison noch hat. Rose muss das innere Gefüge erst noch kennenlernen, das sein Co bestens kennt. Rose muss beweisen, dass er zu Recht die Nummer 1 ist, was seine Nummer 2 schon bewiesen hat. Ob die beiden wollen oder nicht, ist ein Gefälle in dieses Modell eingebaut, das für beide ungünstig ist. Aber sie haben sich nicht ausgesucht, womit sie sich nun herumschlagen müssen. Die Führung in ihrer unendlichen Weisheit zwingt sie in dieses Modell.

Tedić hat ab jetzt den Vorteil, dass er sich das Modell antun kann, aber nicht muss.