Die Tücken des Impeachments

Ich höre gerade der Debatte über das zweite Impeachment im Repräsentantenhaus zu. Das Argument der Republikaner lautet: Hat doch keinen Sinn mehr, in einer Woche ist er eh weg, was soll jetzt noch ein Impeachment! Das Argument der Demokraten lautet: Trump leugnet beharrlich, dass er verloren hat, er lügt noch immer und hetzte seine Anhänger auf, so dass sie das Capitol stürmten, dafür muss er amtsenthoben werden, im Zweifelsfall nach dem 20. Januar!

Beide haben recht. Es ist zu spät, das Impeachment-Verfahren überschattet die Amtseinführung Joe Bidens und vertieft den Hass und die Rachegelüste im Land. Und die grellen Lügen und die systematische Hetze dieses Präsidenten müssen bestraft werden.

Die Frage ist nun: Wer bekommt recht? Falls sich im Senat nicht 17 Republikaner finden sollten, die dem Impeachment zustimmen, ist Trump Gerechtigkeit widerfahren und er darf niemals wieder ein staatliches Amt innehaben. Falls sich aber diese 17 nicht finden sollten, wovon man ausgehen muss, dann gehen die Demokraten in die Geschichte ein, weil sie sage und schreibe zwei Impeachments gegen einen Präsidenten vergeblich anstrengten.

Beim ersten Mal liefen sie sehenden Auges in die Niederlage. Niederlagen schwächen. Niederlagen, ohne Aussicht auf Erfolg erlitten, sind eine Katastrophe. Aus der Depression befreite Donald J. Trump die Demokraten mit seinem unglaublichen Verhalten, erstens mit seiner Gleichgültigkeit in der Pandemie und zweitens durch sein We-love-you und You-are-very-special an seine Anhänger aus Q-Anon, Proud Boys etc., die in aller Ruhe das Capitol gestürmt und eingenommen hatten.

Die Republikaner haben einen Kompromiss angeboten: Rüge für Trump, aber kein Impeachment. Mit einer Rüge war Bill Clinton davon gekommen, als ihn die Republikaner impeachen wollten. Clinton hatte die Lüge zur Kunstform erhoben und somit den Grundstein für Trump gelegt: I didn’t have sex with this woman, Ms. Lewinski. Die Ejakulationsflecken auf ihrem Rock erzählten eine andere Geschichte.

Die Alternative der Demokraten lautete hiermit so: Begnügt euch mit einer Rüge, überlasst Trump den Gerichten oder geht das Risiko ein, noch mal mit einem Impeachment am Senat zu scheitern. Sie zogen es vor, das Risiko einzugehen. Ich befürchte, das war nicht sehr weise und wird Joe Biden daran hindern zu tun, was er sich vorgenommen hat, nämlich den Hass und die Zwietracht in Amerika abzubauen, was dringend notwendig wäre.

Aus dem Kulturkampf ist ein latenter Bürgerkrieg geworden. Donald Trump hat ihn gewonnen, wenn er wieder nicht amtsenthoben wird. Die Demokraten, die den Kongress beherrschen, sind dann empörungsgeneigte Moralisten, die den Umgang mit Macht erst wieder lernen müssen, aber bitte möglichst nicht von den Clintons.