Zu meinen frühesten Erinnerungen gehören ein paar Spiele aus der Champions League im Jahr 1960, die damals noch Europokal der Landesmeister hieß. Im Halbfinale traf die Eintracht aus Frankfurt auf die Glasgow Rangers. Zuerst siegte sie sensationell 6:3 in Glasgow und danach 6:1 im Waldstadion zu Hause. Die Mannschaftsausstellung war wie folgt: Egon Loy im Tor, Hans -Walter Eigenbrodt/Hermann Höfer/Friedel Lutz/Hans Weilbächer/Dieter Stinka in der Verteidigung, Richard Kreß/Dieter Lindner/Erich Meier/Alfred Pfaff und Erwin Stein im Sturm. Ich wette, echte Eintracht-Fans von heute können diese Aufstellung im Schlaf singen. Meier, Lindner und Pfaff schossen 6 der 12 Tore.
Dann das Endspiel. Gegen Real Madrid. 135 000 Zuschauer im Hampden Park in Glasgow. Real haushoher Favorit, dank Ferenc Puskás, der nach dem niedergeschlagenenen Aufstand in Ungarn geflohen war, und dem Argentinier Alfredo di Stefano. Hier die Aufstellung: Domínguez im Tor, Pachin/Santamaría/Marquitos/Zarraga/Vidal in der Verteidigung, Canarío/Gento/Del Sol/Puskás/di Stefano. Eine Übermannschaft. Zauberer. Herrlich anzusehen. Eine weiße Pracht, bestaunt auf der ganzen Welt. Siege in Serie. Europameisterschaften 1956, 1957, 1958, 1959 und natürlich auch 1960.
Sage und schreibe 7:3 gewann Real am Ende, wobei es fast eine Sensation war, dass die Eintracht 3 Tore schoss, Sie ging sogar, durch Kreß, in der 18. Minute in Führung, dann schlug di Stefano zweimal kurz hintereinander zu, in der 27. und 30. Minute. Kurz vor der Halbzeit erhöhte Puskás auf 3:1. Dann begann der Zauberfußball. Puskás mit Hattrick zwischen der 56. und 71. Minute. Stein schießt das zweite Tor für die Eintracht in der 72. Minute, die Stefano in der 73. Minute das 7:2. Drei Minuten, drei Tore, schneller noch als Real gegen ManCity vorgestern. Stein schließlich zum 7:3.
Keine Fouls, kaum Abseits, eines der schönsten und fairsten Spiele, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Ein grandioses Team gegen ein großes Team. Die Eintracht stellte sich Spalier, als Real die Trophäe erhielt. Das musste nicht sein, das machten sie so. Großartige Verlierer, die Ruhm geerntet hatten.
Auch Übermannschaften kommen ins Alter. Alfredo di Stefano, Jahrgang 1926, verließ Real und spielte noch zwei Jahre für Español Barçelona, wurde Trainer, auch für Real 1982 und 1984 und dann noch einmal 1990/91. Als er am 7. Juli 2014 starb, trauerten ganz Spanien und ganz Argentinien, dazu Kolumbien. Mit River Plate gewann er 2 nationale Meisterschaften, mit Los Millionarios in Kolumbien 4 und mit Real 8.
Ferenc Puskás war die kongeniale Ergänzung zu di Stefano. Oder umgekehrt. Beide waren die Größten ihrer Zeit. Puskás schoss 84 Tore für Ungarn in 85 Spielen. Mit Ungarn gewann er die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen, verlor aber mit seiner hinreißenden Mannschaft 1954 in Bern gegen die Deutschen mit 2:3 im „Wunder von Bern“, denn Ungarn galt eigentlich als unschlagbar. In seiner Laufbahn schoss er 625 Tore in 631 Spielen. Das sollen ihm Messi oder Ronaldo erst mal nachmachen. Dazu lieferte er 363 Vorlagen. Wahnsinn, oder? Im Jahr 1995 wurde er zum besten Torschützen des 20. Jahrhunderts gewählt.
Puskás, Jahrgang 1927, hörte 1966 auf und wurde ebenfalls Trainer, ein Wanderer über die Kontinente: Griechenland, Saudi-Arabien, Australien, Ungarn (1993). Er starb am 17. November 2006, groß und bewegend betrauert in Spanien und Ungarn.
Real gewann erst 1966 wieder den Europokal der Landesmeister mit 2:1 gegen Partizan Belgrad. Von der Übermannschaft aus dem Jahr 1960 spielten nur noch Pachín und Gento mit. Dann trat eine große Pause von 32 Jahren ein. Sie dauerte bis 1998, als Real 1:0 gegen Juventus Turin gewann. Preisfrage: Wie hieß der Trainer? Jupp Heynckes!
Diesmal also spielt Real, keine Übermannschaft, aber eine mit ultimativer Willenskraft, gegen Liverpool, von Kloppo trainiert. Und die Eintracht spielt wieder einmal gegen die Glasgow Rangers und kann sich direkt für die Champions League qualifizieren. Ich wette, dass ein Banner auf die Triumphe aus dem goldenen Jahr 1960 hinweist.
Trainer |